Die unmittelbaren Reaktionen waren heftig. Erst auf die Information, dass das abgestürzte Flugzeug der Malaysia Airlines am 17. Juni wahrscheinlich abgeschlossen wurde. Später am selben Tag auf den Tweet von Christof Moser, Politjournalist aus Zürich.
Wie viel ist zu viel?
Er twitterte ein Bild in die Welt, das einen Close-Up von einigen Absturzopfern der MH17 zeigte, ein Screenshot der russischen Lifenews. Erwiderungen wie »Was bist denn du für ein Penner?« oder »Ein Wort: Pfui!« waren die harmloseren Kommentare. Darüber entbrannte die Diskussion: Wie viel ist zu viel? Wie nah ist zu nah?
Christof Moser selbst sagt, er wolle mit dem Tweet »dem Krieg ein Gesicht geben«. Er möchte mit dem Bild eine Gesellschaft informieren, die sich vorrangig über Bilder informiert. Mit Kontroversen hat der Journalist gerechnet, hält sie für spannend, wenn auch zu Teilen paradox in einer Zeit, »in der Gewalt zur Unterhaltung geworden ist«. Er macht auch einen deutlichen Unterschied zwischen der Darstellung von Unfall- und Kriegsopfern. Erstere unterstützt er kategorisch nicht, letztere dient seiner Meinung nach der wichtigen Abbildung von Realität.
Seine Gegner halten ihn für pietätlos und sein Handeln für Sensationsgeilheit.
Die Frage nach dem Ob und nach dem Wie
Uneinig sind sich die Kommentatoren bei Twitter, facebook oder auch im Schweizer Radio nicht nur bezüglich der Tatsache, ob derartig explizite Bilder überhaupt veröffentlicht werden sollten - sondern auch über die Frage nach dem Wo. Der deutsche Kriegsfotograf und Urheber des Werks War Porn, Christoph Bangert, ist überzeugt: »Die Sozialen Medien sind der falsche Ort für die Verbreitung solcher Bilder. Es braucht einen weniger flüchtigen Ort für eine reflektierte Auseinandersetzung.«
Der Schweizer Presserat macht keine Aussagen zum Wie, wohl aber zum Ob - wenn auch vage und offen zur Interpretation: Es sei »immer sorgfältig zwischen dem Recht der Öffentlichkeit auf Information und dem Interessen der Opfer und der Betroffenen ab(zu)wägen.« Der Charakter der Sozialen Medien, dieser Dominoeffekt der menschlichen Sensationslust, wirft die Diskussion um Ethik, Pietät und Meinungsfreiheit in eine neue Dimension.