Sicherheitsbedenken: BKA verweigert Journalisten Zugang zu G20-Gipfel

    Sie waren bereits akkreditiert. Doch nun wird etlichen Journalisten der Zugang zum G20-Gipfel verweigert. Die Regierung nennt Sicherheitsbedenken als Grund.

    Etlichen Journalisten wird seit gestern der Zugang zum G20-Gipfel verweigert, obwohl sie bereits akkreditiert waren. "In den hier problematischen Fällen sind durchweg Sicherheitsbedenken erhoben worden", schreibt ein Regierungssprecher auf Anfrage von BuzzFeed News und verweist auf Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden. Welche genau das sind, wollte das BKA auf Anfrage von BuzzFeed nicht sagen - nur so viel: "Das Bundespresseamt entscheidet gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden über einen möglichen Entzug der Akkreditierung. In einigen Fällen mussten tatsächlich Akkreditierungen verweigert bzw. nachträglich entzogen werden". Journalistenverbände bezeichnen das Vorgehen als "rechtlich äußerst fragwürdig".

    Wie BuzzFeed News erfuhr, entsteht die Liste derjenigen, die als Sicherheitsrisiko gelten, dynamisch. Sie umfasste am Donnerstag 4 Namen, am Freitag Abend bereits 31 Namen. Wer auf der Liste landet würde von Mitarbeitern aller drei beteiligter Behörden vor Ort getroffen. Die aktuelle oder bisherige Berichterstattung der betroffenen Journalisten sei hierbei allerdings nicht relevant. Wie viele Journalisten von diesem Vorgehen betroffen waren und auf welcher Grundlage genau die Entscheidungen getroffen wurden, ist bislang unklar.

    Journalisten als Sicherheitsrisiko

    Die Polizeibeamten rund um den Gipfel wurden mit kopierten Listen ausgestattet, auf denen sich offenbar die Namen derer befinden, die nicht mehr eingelassen werden. Sie besteht nach Informationen von BuzzFeed News aus mindestens zwei Seiten und einer Tabellenauflistung, so dass von einigen Dutzend Namen auszugehen ist.

    Ungewöhnlich ist, dass bereits vor dem G20-Gipfel erteilte Akkreditierungen wieder entzogen wurden. In diesem Fall müsste eine Sicherheitsüberprüfung eigentlich bereits erfolgt sein. Es ist unklar, welche neuen Informationen dazu führten, dass die Journalisten nun innerhalb kurzer Zeit plötzlich als Sicherheitsrisiko eingestuft werden.

    Gefährliche Klimaforscher?

    Auch einem Mitarbeiter von Greenpeace Deutschland wurde die bereits erteilte Akkreditierung wieder abgenommen. BuzzFeed News beobachtete den Vorgang am Eingang zum Gipfelzentrum.

    Am Eingang zum #G20-Gelände: einem Mitarbeiter von @greenpeace_de wird die bereits erteilte Akkreditierung wieder a… https://t.co/0mNr6v2Zyd

    Völlig unklar ist derzeit noch, auf welche Quellen sich die Entscheidung stützt. Eine entsprechende Anfrage von BuzzFeed News wurde bisher weder vom BKA noch vom Innenministerium oder dem Bundespresseamt beantwortet – ebenso wenig wie die Frage, ob auch die Telekommunikation der Betroffenen ausgewertet wurden.

    Sowohl der Deutsche Journalistenverband DVJ als auch die Deutsche Journalistenunion in ver.di, DJU kritisierten das Vorgehen der Behörden.

    Wir haben Widerspruch gegen Akkreditierungspraxis beim G20-Gipfel eingelegt https://t.co/eWtdOJFKcO #G20HAM17 #Pressefreiheit #BKA #Willkuer

    #Journalisten die an der #G20-Berichterstattung gehindert werden, können sich an den @DJV_HH wenden. #G20HH… https://t.co/yVjvtoipl0

    Auf Twitter meldeten sich bereits am Freitag die ersten Journalisten und zeigten sich sehr verwundert über das Vorgehen.

    Auf Anweisung des BKA Einsatzleiter wurde mir am Eingang zum #g20 Pressezentrums gerade die G20 Akkreditierung abgenommen. #Pressefreiheit

    Da keinem der Betroffenen die Entscheidung vor Ort erläutert wurde, scheint schon jetzt klar, dass es in einigen Fällen zu einem Nachspiel kommen dürfte. Einige der Betroffenen hätten bereits Anwälte eingeschaltet.

    Nach dem Entzug der #G20-Akkreditierung: @bjokie, @FotoEffenberger, Rafael Heygster (@weserkurier) und andere haben… https://t.co/8ZsDUAXl5L


    UPDATE: Geheimdienste lieferten Informationen

    Wie BuzzFeed News aus Sicherheitskreisen erfahren hat, kamen die Informationen für die sogenannte "Schwarze Liste" offenbar auch von Geheimdiensten. Demnach hätten Anhaltspunkte aus nachrichtendienstlichen Quellen dazu geführt, die betroffenen Personen als Sicherheitsrisiko einzustufen. In allen diesen Fällen seien die betroffenen Journalisten dem Spektrum PMK links zugeordnet worden. Die Abkürzung steht für politisch-motivierte Kriminalität.

    BuzzFeed News hat neben dem Bundespresseamt und dem Bundeskriminalamt nun auch das Landesamt für Verfassungsschutz in Hamburg und das Bundesamt für Verfassungsschutz um eine Stellungnahme gebeten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat unsere Fragen bisher nicht beantwortet. Der Hamburger Verfassungsschutz verwies wieder zurück an das Bundeskriminalamt.

    In der Bundespressekonferenz wollten sowohl Regierungssprecher Seibert als auch der Sprecher des Bundesinnenministeriums nicht erläutern, welche konkreten Sicherheitsbedenken bestanden.

    Seibert bestätigte allerdings, dass neun Personen die Akkreditierung wieder entzogen wurde. "Ich kann dazu noch sagen, dass diese Bedenken auch 23 Personen betroffen haben, die aber nie am Medienzentrum erschienen sind", so Seibert weiter.

    Neben Journalistenverbänden meldeten sich zwischenzeitlich auch Datenschützer mit großen Bedenken zu Wort. Peter Schaar, ehemals Bundesbeauftragter für den Datenschutz, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: "Dem gesamten Akkreditierungsverfahren fehlt die verfassungsrechtlich gebotene Grundlage, wo es um die Sicherheitsüberprüfung von Journalisten geht. (...) Die ungeschützte Weitergabe und Verwendung der Listen ist ein schwerer Datenschutzverstoß."