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Mit dieser Methode haben wir die Social-Media-Profile von 396 AfD-Bundestagskandidaten durchleuchtet

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Zehntausende Beiträge. Mehr als 150 fragwürdige Funde. So haben wir gearbeitet.

Wer sich vornimmt, für ein ganzes zurückliegendes Jahr alle im Internet verfügbaren Äußerungen von fast 400 Kandidaten einer Partei zu lesen, der muss aufpassen, nicht unterzugehen in der Menge an Beiträgen. Für unser Projekt mussten wir Zehntausende Funde bewerten – und mussten uns daher schon vorab gut überlegen, was wir eigentlich genau überprüfen möchten. Wir haben bei BuzzFeed News deshalb viel Zeit darauf verwendet, eine gründliche Methodik zu entwickeln. Hier beschreiben wir, wie wir problematische Aussagen von mehr als 50 Bundestagskandidaten der AfD gefunden haben.

Aus dem offiziellen Parteiprogramm der AfD geht hervor, dass sie der Flüchtlingspolitik kritisch gegenübersteht, den Islam für eine gefährliche Religion hält, die Europäische Union ablehnt und sämtliche Parteien als angebliche "Altparteien" in einen Topf wirft. Islamkritik, Kritik an Linken und Grünen, Kritik an Merkel – all das wäre also auch bei den Bundestagskandidaten der AfD wenig überraschend.

Spannend und immer wieder diskutiert ist dagegen die Frage, wie rechtsextrem die Partei eigentlich wirklich ist. Die Parteiführung behauptet stets, für rechtsextreme Positionen sei in der AfD kein Platz. Viele Beobachter bezweifeln das. Wir haben uns deshalb bei der Durchsicht der knapp 400 Kandidaten vorwiegend auf Rassismus, rechte Hetze und Verbindungen in die rechtsextreme Szene konzentriert – sowie, wenn wir schonmal dabei sind, auch nach Homophobie und Frauenfeindlichkeit Ausschau gehalten.

396 Kandidaten, vier Journalisten, vier Wochen

Erster Schritt: Die Kandidatenliste. Wir haben von Hand alle 16 Kandidatenlisten der Landesverbände sowie die Direktkandidaten in allen 299 Wahlkreise zusammengetragen. Zum Teil waren Wahlkreise nicht besetzt, zum Teil haben sich Direktkandidaten und Listenplätze überschnitten – am Ende standen wir vor 396 Namen.

Diese knapp 400 Namen haben wir nach Bundesländern sortiert aufgeteilt. Zehntausende Beiträge, Freundeslisten, Kommentare und Links: Mit der Suche waren letztlich vier Kolleginnen und Kollegen vier Wochen lang beschäftigt.

Zunächst hat BuzzFeed News die Profile der Kandidaten in sozialen Netzwerken durchsucht. Wir haben jeweils die veröffentlichten Beiträge, die Freundeslisten der Kandidaten sowie ihre getätigten Kommentare geprüft. Auch interessant: welche Kommentare von Dritten die Kandidaten unwidersprochen stehen lassen. Wir haben Videos auf YouTube geschaut, Presseberichte durchsucht und vorab definierte Suchanfragen bei Google laufen lassen.

Mit weitem Abstand am wichtigsten war bei dieser Suche Facebook. Gelegentlich haben wir hier auch mit der "Graph Search" von Facebook gearbeitet, die eine bessere Suchfunktion bietet. Einige wenige Kandidaten twittern auch oder pflegen ein Profil beim russischen Facebook-Klon vk.com. Ein knappes Dutzend nutzt offenbar keine sozialen Netzwerke.

Wo immer wir Zustimmung oder mangelnde Abgrenzung zu rechtsextremen Positionen finden konnten, haben wir diese gesammelt. Dazu zählen sowohl die Aussagen der Kandidaten selbst, als auch Berichte Dritter über Äußerungen der Kandidaten.

Zeitraum: Die Bundestagswahl minus ein Jahr

Als Zeitraum haben wir genau ein Jahr vor der Bundestagswahl gewählt. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt die Listen- und Direktkandidaten der AfD-Landesverbände formal noch nicht aufgestellt waren, dürfte den allermeisten der Kandidaten ein Jahr vor der Wahl klar gewesen sein, dass sie möglicherweise ins Rennen gehen – sich also als geeignet für den Deutschen Bundestag zeigen sollten. Äußerungen der vergangenen zwölf Monate sind also keine rein privaten Äußerungen mehr gewesen. Wären wir noch weiter zurückgegangen, wäre diese klare politische Zuordnung nur schwer möglich gewesen.

Alle Ergebnisse haben wir per Screenshot gespeichert und wenn möglich bei archive.org gesichert. Im Anschluss haben wir all jene Kandidatinnen und Kandidaten angeschrieben, bei denen wir Fundstellen vorliegen hatten, die unserer Auffassung nach einer Einordnung bedürfen. Ihnen allen haben wir die gleichen Fragen gestellt.

Hierzu möchten wir Sie bitten, uns kurz zu beantworten:

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Auch den Bundesvorstand der AfD haben wir kontaktiert und um eine Stellungnahme gebeten.

In einigen Fällen hatten Kandidaten plausible Erklärungen, die einen möglicherweise doppeldeutigen Inhalt nachvollziehbar erklären konnten und jedweden Verdacht auf anti-demokratische oder menschenfeindliche Einstellungen ausräumen. In solchen Fällen hat BuzzFeed News die entsprechenden Belege nicht veröffentlicht - wie auch in Fällen, wo die Inhalte zweideutig waren und nicht zwingend dem Kandidaten zur Last gelegt werden können.

Im Anschluss haben wir die entsprechenden Stellen noch einmal überprüft, gruppiert und ausgewertet. Was ist wirklich berichtenswert und welche Fundstellen sind zwar fragwürdig, aber nicht ausreichend für eine Berichterstattung? Letztlich haben wir bei rund zehn Prozent der AfD-Kandidaten Aussagen gefunden, die wir für berichtenswert halten.

Unser Ergebnis und die Belege für alle Aussagen findet ihr hier.

Warum BuzzFeed News sich entschieden hat, alle Kandidatinnen und Kandidaten der AfD im Bundestagwahlkampf unter die Lupe zu nehmen, erklären wir hier.

Unser Projekt zum geheimen Facebook-Wahlampf

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