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Onlineaktivist Martin LeJeune bejubelt den Tod von Journalistin Sylke Tempel auf Twitter

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Tempel starb am Donnerstag während des Sturms Xavier durch einen umstürzenden Baum.

Der Online-Aktivist Martin LeJeune hat den Tod der Journalistin Sylke Tempel als „Strafe Gottes“ bezeichnet. „Gott ist groß“, schreibt er auf Arabisch darunter. Die Menschen auf Twitter reagieren entsetzt. Twitter schreibt auf Anfrage von Buzzfeed News, man äußere sich nicht über individuelle Accounts.

Diesen Tweet hat Martin LeJeune am Freitag, den 6. Oktober veröffentlicht und am darauffolgenden Sonntag selbst gelöscht. © Screenshot Twitter @Martin_LeJeune

Die 54-jährige Tempel war Chefredakteurin der Zeitschrift Internationale Politik. Sie starb vergangenen Donnerstag während des Sturms Xavier. Nach Angaben der Feuerwehr war sie aus ihrem Auto gestiegen, um ein Hindernis aus dem Weg zu räumen. Dabei wurde sie von einem umstürzenden Baum getroffen und tödlich verletzt. Tempel ist eine bekannte Politologin und war auch mit Außenminister Sigmar Gabriel befreundet.

Lejeune bezeichnete Tempel in der Vergangenheit als „Zionistin“ und „Hetzerin“, weil sie sich kritisch über das Vorgehen der türkischen Regierung gegen Journalisten und Menschenrechtler geäußert hatte sowie mit dem ehemaligen israelischen Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, befreundet war.

Obwohl der Tweet von LeJeune seit Freitagabend von vielen Nutzern bei Twitter gemeldet wurde, war er bis Sonntagabend online. Dann löschte Lejeune ihn und entschuldigte sich: Er habe "unüberlegt reagiert". Tweets in denen er von Tempels "Taten" spricht und sie als "Kriegstreiber" bezeichnet ließ er jedoch stehen.

Das Blog Ruhrbarone schreibt, dass Strafanzeige gegen LeJeune gestellt wurde. Grund ist der Verdacht auf Verunglimpfung des Andenkens einer Verstorbenen. Auch einzelne Twitteruser teilten Screenshots ihrer Strafanzeige.

Viele muslimische Menschen auf Twitter wehren sich gegen die Aussage Lejeunes, mit Tempels Tod seien die „Gebete der Muslime erhört“ worden.

So etwa der Grünenpolitiker Omid Nouripour.

Oder der ZEIT-Journalist Mohamed Amjahid.

Was er schreibt ist für sie Hetze.

Die Leute bezeichnen ihn als Schande.

Und als völlig respektlos.

Andere versuchen schon lange vergeblich, ihn zu melden.

Und finden, er sollte von Twitter gesperrt werden.

Twitter selbst sieht keinen Grund den Tweet zu entfernen. Auf Anfrage von Buzzfeed News schreibt ein Sprecher: "Aus Gründen der Privatheit und Sicherheit äußern wir uns nicht zu individuellen Accounts." Auf Facebook ist Martin LeJeune bereits seit dem 25. September gesperrt.

Der Grünenpolitiker Volker Beck macht mit seinem Tweet deutlich, dass er die Äußerung des ehemaligen Bloggers nicht nur als völlig respektlos, sondern auch potentiell gefährlich einstuft. Beck bezeichnet ihn als Gefährder.

Martin LeJeune war früher Journalist und berichtete 2014 anderem für die taz, den Freitag, Neues Deutschland und den Deutschlandfunk aus dem Gazastreifen. Weil Zweifel an seiner Unabhängigkeit aufkamen, stornierte der Deutschlandfunk erste Aufträge. Nachdem LeJeune auf seinem Blog Hinrichtungen durch die Terrororganisation Hamas legitimierte, stellten auch andere deutsche Medien die Arbeit mit ihm ein.

Seitdem stilisiert Lejeune sich auf Twitter, Youtube und Facebook als Bürgerjournalist und „Stimme der Stimmlosen“. Dort macht er vor allem durch antisemitische und verschwörungstheoretische Äußerungen von sich reden, durch seine Glorifizierung der Türkischen Regierung sowie des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. LeJeune war 2016 zum Islam konvertiert.

Buzzfeed News hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz für eine Stellungnahme angefragt, bisher aber keine Antwort erhalten.

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