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Ex-Priester wegen Kindesmissbrauch in 108 Fällen zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt

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Der Mann hatte sich unter falschem Namen das Vertrauen strenggläubiger Familien erschlichen und war bereits einschlägig vorbestraft.

Das Landgericht Deggendorf hat den ehemaligen Priester Thomas B. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 108 Fällen zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt und eine anschließende Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung angeordnet.

Der Vorsitzende Richter Thomas Trautwein hob in seiner Urteilsbegründung strafverschärfende Punkte hervor: Einschlägige Vorstrafen, sowie massiven Vertrauensmissbrauch. Letzterer habe sich daraus ergeben, dass sich der Angeklagte stets das Vertrauen streng gläubiger Familien und deren Kinder erschlichen habe.

Unter Berücksichtigung der seelischen Folgen für die Missbrauchsopfer und des Umstands, dass der Angeklagte diesen durch sein umfassendes Geständnis ganz überwiegend eine Aussage vor Gericht erspart hat, sei eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten angemessen.

Unter Berufung auf ein psychiatrische Gutachten sei davon auszugehen, dass der Angeklagte im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit gehandelt habe. Neben der verhängten Haftstrafe sei zur Vermeidung weiterer einschlägiger Straftaten die psychiatrische Behandlung des Angeklagten deshalb unerlässlich, so der Trautwein in seiner Urteilsbegründung weiter.

Zusätzlich hat sich die Jugendkammer die Entscheidung über eine anschließende Sicherungsverwahrung des Angeklagten zum Schutz der Allgemeinheit vorbehalten.

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder seit Mitte der 1990er Jahre

Der angeklagte ehemalige Priester Thomas B. neben seinem Verteidiger Bruno Fuhs.
Der angeklagte ehemalige Priester Thomas B. neben seinem Verteidiger Bruno Fuhs. © Armin Weigel / picture alliance / Armin Weigel/

B. hatte zwischen 1997 und 2016 fünf Jungen sexuell missbraucht. Außerdem soll er versucht haben, eine 18-Jährige zu vergewaltigen. Die Taten sollen in Polen, Italien, Österreich und der Schweiz sowie bei Mainz und im Landkreis Deggendorf verübt worden sein.

Zwischen 2003 und 2009 wurde Thomas B. vom Landgericht Karlsruhe wegen mehrerer Sexualverbrechen bereits zu einer Gefängnisstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Nach einem Urteil des Freiburger Kirchengerichts war er 2008 aus dem Priesterstand entlassen worden und durfte seinen Beruf nicht mehr ausüben. Ermittlungen ergaben später, dass Thomas B. sich seine Priesterweihe in Polen mit Hilfe von gefälschten Abschlüsse erschlichen hatte.

Trotzdem gab sich B. weiterhin als Priester aus, allerdings mit gefälschtem Dienstausweis und unter einem anderen Namen. Dem Pfarrer einer Gemeinde im Landkreis Deggendorf gegenüber gab sich B. 2015 als obdachloser Geistlicher aus, worauf dieser ihn aufnahm. B. lebte daraufhin mehrere Monate lang im Pfarrhaus, nahm Gemeindemitglieder die Beichte ab und betreute Jugendgruppen.

In dieser Zeit missbrauchte er einen 10-jährigen Jungen, dessen Familie als Nebenkläger im Prozess auftrat. Die Mutter des Jungen hatte sich 2016 mit ihrem Verdacht an den echten Pfarrer der Gemeinde gewandt, der ihr zu Anzeige riet.

Zum Schutz des Betroffenen fand das Verfahren zum großen Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Anwältin der Familie sprach zu Prozessbeginn davon, dass die Übergriffe den Zehnjährigen „stark physisch und psychisch belastet“ hätten.

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