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Der Postillon kämpft dafür, dass Medien aufhören diese Falschnachricht zu verbreiten und die Leute lieben es

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Es geht um die Reform des schwedischen Sexualstrafrechts und mittlerweile hat sich auch die schwedische Botschaft eingeschaltet.

In Schweden wurde gestern ein neues Sexualstrafrecht verabschiedet. Es nennt sich „Einverständnisgesetz“ und die meisten deutschen Medien haben nicht so ganz verstanden, worum es darin geht - bis auf den Postillon.

„ZDF heute“ twitterte dazu:

Auf der Seite der „Welt“ heißt es:

„Wer in Schweden künftig Sex mit jemandem möchte, muss die ausdrückliche Erlaubnis einholen – gern auch schriftlich. Sonst droht eine Verurteilung wegen Vergewaltigung. Debatte? Die scheint derzeit kaum möglich.“

Der „Focus“ titelt:

BuzzFeed.de © focus.de

Und beim „Stern“ heißt es:

BuzzFeed.de © stern.de

Das Problem an der Sache: Das stimmt so nicht. Der Postillon machte sich die große Mühe, genauer hinzuschauen - und fand mit nur wenigen Klicks heraus:

Das Gesetz fordert keine „schriftliche Genehmigung“

Ab Juli 2018 gilt in Schweden: Zeigt sich eine Person nicht mit sexuellen Handlungen einverstanden (etwa verbal, oder durch eindeutige Gesten), dann ist es illegal, sie dazu zu zwingen oder zu nötigen. Alle schwedischen Parteien haben diesem Gesetz zugestimmt. Sie reagieren damit auf die #MeToo-Debatte und wollen deutlich machen, dass jeder sexuelle Kontakt ohne Einvernehmen gegen das Gesetz verstößt und damit strafbar ist.

Das bedeutet nicht, dass vor jedem Geschlechtsakt um Erlaubnis gefragt werden muss, wie es beinahe alle deutschen Medien heute schreiben. Das Gesetz schließt ausdrücklich auch mit ein, dass eine Person durch „Handlungen“ zustimmen kann. Noch weniger geht es in dem Gesetz um schriftliche Genehmigungen, wie der „Focus“ oder die „Welt“ es darstellen.

Die Fehlinformation machte allerdings schneller die Runde, als der Postillon korrigieren konnte.

Grund für die Fehlinformation war laut Postillon wohl ein Journalist, dessen Artikel in mehreren Zeitungen gleichzeitig erschien.

Auf Twitter wird das Satiremedium jetzt für ihren Faktencheck gefeiert.

Obwohl der Postillon einige Medien auf Twitter explizit auf die Fehlinformation hingewiesen hat, wurden die oben erwähnten Artikel nicht korrigiert.

Angesichts so viel Ignoranz gibt sich jetzt auch das „Team Faktencheck“ des Postillon geschlagen.

UPDATE

20.12.2017, 15:04

Der Postillon hat uns darauf hingewiesen, dass die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ), welche die Falschnachricht ebenfalls verbreitet hatte, ihren Artikel nach dem Hinweis korrigiert hat.

UPDATE

20.12.2017, 20:54

Mittlerweile hat sich auch die schwedische Botschaft über ihren Twitteraccount in die Diskussion eingeschaltet und sich beim Postillon für sein Factchecking bedankt. Außerdem stellt die Botschaft noch einmal klar, was in dem Gesetz steht und warum die schwedische Politik es für wichtig hält:

„Die aktuelle Gesetzgebung sieht vor, dass Opfer von sexuellen Übergriffen ihren Widerstand durch Worte oder Handlungen deutlich zum Ausdruck gebracht haben müssen.

Die nun vorgeschlagene Gesetzgebung möchte die Opfer von dieser Verantwortung befreien und stattdessen die Angeklagten stärker in die Pflicht nehmen: Wie haben sich die Angeklagten von der Freiwilligkeit ihrer Sexualpartner/-innen überzeugt? Passivität soll damit nicht länger als stilles Einverständnis interpretiert werden können.

Die Unschuldsvermutung gilt selbstverständlich weiterhin. Entgegen vielen Medienberichten ist das Einholen einer schriftlichen Einverständniserklärung nicht erforderlich.

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