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Der Comic-Klassiker Maus wird in Russland Opfer einer Anti-Nazi-Kampagne

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Art Spiegelmans Klassiker Maus ist derzeit in Moskaus Buchläden aus Angst vor Razzien nicht aufzutreiben. Denn die Polizei durchsucht derzeit Russland nach Nazisymbolen. Maus, ein Comic über den Aufstieg der Nationalsozialisten, hat ein Hakenkreuz auf dem Cover.

Der Graphic Novel-Klassiker ist berühmt für seine allegorische Darstellung der Nazi-Gräuel. Aus Angst davor, das Hakenkreuz auf dem Cover könne den Nationalsozialismus verherrlichen, wurde er jetzt aus russischen Buchläden entfernt.

Besitzer von Buchläden in Moskau haben in den letzten Tagen still und heimlich Art Spiegelmans Maus aus den Regalen genommen, berichtet der russische Verlag, bei dem Maus erschienen ist. Das Buch gewann 1992 den Pulitzerpreis.

In mehreren Buchläden erklärten Angestellte einem Reporter des Radiosenders Echo Moskau, sie wären besorgt, dass sie bei Polizeirazzien im Vorfeld des 9. Mai Probleme bekommen könnten. Am 9. Mai wird in Russland mit großen Feierlichkeiten der 70. Jahrestag des Siegs der Sowjetunion über Nazi-Deutschland begangen.

Lokale Beamte kündigten schon letzte Woche an, dass sie Läden in Moskau nach Produkten mit aufgedrucktem Hakenkreuz oder "anderen extremistischen Symbolen" durchsuchen lassen würden. Sie berufen sich dabei auf ein Gesetz, das "faschistische Propaganda" verbietet und von Russlands Präsident Wladimir Putin im Dezember letzten Jahres verabschiedet wurde. Putin beschwört gerne die Gefahr eines neu erstarkenden Faschismus herauf, auch um Unterstützer für Russlands Annektierung der Krim zu gewinnen. Die Annektierung, so Putin, sei eine Reaktion auf einen wiederauflebenden Nationalismus in der Ukraine und gegen die angebliche ukrainische Militärintervention im Osten des Landes gerichtet.

Die Jagd nach Nazisymbolen hat sich mittlerweile bis zu Orten ausgeweitet, wo die russische Bevölkerung kaum eine heimliche faschistische Zelle vermutet hätte. So wurde gegen das größte Moskauer Geschäft für Kinderspielzeug ein Strafantrag gestellt. Dem Geschäft wird vorgeworfen, Spielzeug mit Motiven aus dem Zweiten Weltkrieg zu verkaufen, darunter Soldaten in deutschen Wehrmachtsuniformen. In der Stadt Brjansk haben Beamte eine Ausstellung geschlossen, in der Fotos vom Alltagsleben während der nationalsozialistischen Besatzung im Zweiten Weltkrieg gezeigt wurden. Die Absetzung der Ausstellung erfolgte nach Beschwerden, es gäbe zu viele Fotos mit lächelnden Kindern.

Der Bürgermeister eines Moskauer Vororts schwor, die Schuldigen ausfindig zu machen, nachdem seine Verwaltung aus Versehen das Foto eines deutschen Piloten auf einem Plakat für die 70-Jahrfeier verwendet hatte, berichtet die Nachrichtenagentur Tass.

Ironischerweise hat nun die Jagd auf das Hakenkreuz eines der bekanntesten und ausdrucksstärksten Werke der modernen Literatur getroffen. Maus erzählt die Geschichte des Zweiten Weltkriegs als Fabel mit Tiermetaphern, jüdische Figuren werden als Mäuse, deutsche Figuren als Katzen dargestellt. Das Buch, das auf den Erfahrungen von Spiegelmans Vater, einem Holocaust-Überlebenden, beruht, wurde in Dutzende von Sprachen übersetzt und erschien 2013 zum ersten Mal in Russland.

"In diesem Buch steht keine Nazi-Propaganda, es ist im Gegenteil ein Buch, das man am Tag des Sieges in allen Buchläden ausstellen sollte", sagt Warwara Gornostajewa, die russische Verlegerin von Maus, in einem Gespräch mit AFP. "Es ist eines der bedeutendsten antifaschistischen Bücher, mit einer profunden und eindringlichen Botschaft."

Dmitri Peskow, Putins Pressesprecher, räumte ein, dass die Anti-Nazi-Kampagne ein wenig zu weit gegangen sei. "Ich habe keine klare Position zu der Sache. Aber man sollte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten", erklärte er Journalisten.

Dieser Post wurde aus dem Englischen übersetzt von Lisa Kuppler.

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