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Wie Alice Weidel zum „Bitcoin Entrepreneur“ wurde

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Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, sollte im Frühling auf einer Bitcoin-Konferenz sprechen. Angeblich plane sie die Gründung eines eigenen Startups für Bitcoins. Als das öffentlich wird, verschwindet Weidel aus dem Programm.

UPDATE: Alice Weidel sagt Teilnahme ab

20.02.2018, 12:33

Nach der Berichterstattung von BuzzFeed News taucht Alice Weidel nun nicht mehr im Programm der Konferenz auf. Sie habe „leider aus Termingründen abgesagt“, so der Veranstalter Aaron Koenig.

Die geplante Gründung eines „Bitcoin-Startup“ sei „noch nicht spruchreif“, so Koenig weiter. Weniger später schreibt er dann: „tatsächlich habe ich mir hier geirrt. Das mit dem "Bitcoin-Unternehmen" war wohl ein Missverständnis von mir.“

Alice Weidel selbst hat die Fragen von BuzzFeed News bislang nicht beantwortet.

BuzzFeed.de © Ausschnitte aus der Webseite der Konferenz "Unchain" / Via unchain.hamburg

Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der „Alternative für Deutschland“ (AfD) im Bundestag, wird im Sommer auf einer Bitcoin-Konferenz sprechen. Sie wird dort im Programm als „Bitcoin Entrepreneur“ geführt:

BuzzFeed.de © Unchain Convention / Bitfilm Networks GmbH / Via unchain.hamburg

Auf Nachfrage von BuzzFeed News erklärte Aaron Koenig, Veranstalter der Konferenz „Unchain“:

„Alice Weidel ist promovierte Volkswirtin und kennt sich mit dem Thema Geldsystem sehr gut aus. (...) Sie ist meines Wissen auch dabei, selbst ein Bitcoin-Start-Up zu gründen, darüber wird sie vermutlich auch etwas erzählen.“

BuzzFeed News hat Alice Weidel um eine Stellungnahme zu den Gründungsplänen gebeten. Die jedoch wollte keine Fragen beantworten. Ein Gründungsvorhaben wie oben beschrieben wurde allerdings weder per Mail noch bei zwei Telefonaten mit dem Büro von Frau Weidel dementiert.

Hinter der Konferenz „Unchain“ steht die „Bitfilm Networks GmbH“, deren Geschäftsführer ebenfalls Aaron Koenig ist und an der auch Frank Otto, Sohn des Otto-Versand-Gründers, beteiligt ist. Koenig und Weidel kennen sich bereits und saßen beispielsweise im Januar 2017 gemeinsam auf einem Panel:

Auf einer von Beatrix von Storch initiierten Veranstaltung sitzen im Januar 2017 sowohl Alice Weidel als auch Aaron Koenig auf dem Podium. © Beatrix von Storch Abgeordnetenbüro / Via beatrixvonstorch.de

Wie Weidel auf die Konferenz kommt

Weidel erhalte für ihren Auftritt kein Honorar, so Aaron Koenig. Auf die Frage, ob die Konferenz aus öffentlichen Mitteln gefördert wird, schreibt er: „Es wäre natürlich super, wenn der Staat das von seinen Bürgern geraubte Geld zumindest zu einem kleinen Teil für etwas Sinnvolles einsetzen würde, aber im Moment gehen wir davon aus, dass unsere Veranstaltung rein privatwirtschaftlich finanziert wird.“

Die Tatsache, dass Alice Weidel in der Rednerliste auftaucht, habe Nachfragen provoziert – „teilweise intelligenter, teilweise weniger intelligenter Natur“. Auch habe sich einer der übrigen Redner erkundigt, ob noch weitere Politiker auf der Konferenz sprechen werden.

Diese Frage hatte auch BuzzFeed News den Veranstaltern übermittelt. Weitere Politiker stehen demnach bislang nicht auf der Rednerliste. Aaron Koenig schreibt dazu: „Es gibt ja leider nur sehr wenige Politiker in Deutschland, die Ahnung von Wirtschaft haben, daher ist die Auswahl recht begrenzt”. Man habe Frank Schäffler (FDP) eingeladen, ebenso Sarah Wagenknecht (Die Linke), „die hat zumindestens mal etwas von Ludwig Erhard gelesen, hat aber auch keine Zeit“, so Koenig weiter.

Beide haben zumindest programmatisch Schnittstellen zu geldpolitischen Positionen der AfD: Wagenknecht forderte beispielsweise das Ende des Euro, Schäffler ist Mitbegründer der Gruppe „Liberaler Aufbruch“, die sich unter anderem für eine Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ein Ende des Antidiskriminierungsgesetzes und die Aufhebung der Klimaschutzziele einsetzt.

Auch Konferenzveranstalter Aaron Koenig selbst steht der aktuellen Geldpolitik und dem Euro skeptisch gegenüber:

Koenig hat zwei Bücher veröffentlicht. Diese sind im „FinanzBuch Verlag“ erschienen, bei dem auch Bücher von Thilo Sarrazin, dem AfD-nahen Ökonom Max Otte oder dem ehemaligen Journalisten Matthias Matussek vertrieben werden.

Alice Weidel und die Start-Ups

Alice Weidel hat Volkswirtschafts- und Betriebswirtschaftslehre studiert und später für die Investmentbank Goldman Sachs, Allianz Global Investors und anschließend als selbstständige Unternehmensberaterin gearbeitet. Der FAZ erklärte sie im März 2017: „Ich komme rein, wenn eine Firma schon Geld hat und skalieren will. Dann baue ich in wenigen Wochen Strukturen auf, mit Personal, und helfe bei der Planung der nächsten Finanzierungsrunde“.

Das zu Axel Springer gehörende Online-Magazin „Gründerszene“ wollte es später genauer wissen und machte sich auf die Suche nach der Entrepreneurs-Vergangenheit von Alice Weidel, die in ihrem Lebenslauf angibt, dass sie „Start-up Unternehmen mitgründete und aufbaute“.

Doch Fehlanzeige: So habe Weidel auf Xing angegeben, seit September 2015 auf Geschäftsführer-Ebene für eine digitale Krankenversicherung zu arbeiten. Gründerszene schrieb dazu: „Digital Health ist ein Zukunftsmarkt, aber in Deutschland noch sehr klein. Die Szene ist überschaubar und gut verdrahtet – doch gegenüber Gründerszene kann kein Branchenkopf bestätigen, je auf Weidel gestoßen zu sein.“

Beim Berliner Beteiligungsunternehmen „Rocket Internet“, das Firmenideen in Serie aufkauft oder kopiert, hat Weidel hingegen gearbeitet: „Im Frühjahr 2015 (...) einige Monate lang“, heißt es bei Gründerszene. Sie soll dort am Aufbau des Lieferdienstes Foodora mitgearbeitet haben. „Im Umfeld von Rocket und Foodora erinnert man sich an Weidel als „krasses Arbeitstier“, aber auch an eine Kollegin, die unnahbar geblieben und nicht besonders beliebt gewesen sei. Lobende Aussagen über Weidels Leistung in den Projekten gibt es von keinem Gesprächspartner“, schreibt Gründerszene.

BuzzFeed News hat Alice Weidel nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sollte diese noch eingehen, werden wir das an dieser Stelle ergänzen.

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