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Dieses Video von einem Polizeieinsatz in Göttingen macht Menschen extrem wütend

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Ein 27-jähriger Göttinger wollte bei einer Demo als Ordner helfen und wird von Polizisten fast bewusstlos geschlagen. Danach wird er angezeigt - von der Polizei.

Ein schockierendes Video von einer Demonstration in Göttingen macht derzeit im Netz die Runde - und etliche Menschen wütend. Denn der Verletzte wurde danach auch noch von der Polizei angezeigt.

Das Material wurde von Sven Adam, dem Anwalt des Betroffenen, veröffentlicht und von einem Unbeteiligten gefilmt.

Zu sehen ist eine Demonstration gegen Hausdurchsuchungen nach G20. Als die Demonstration auf eine Polizeieinheit aus Braunschweig trifft, eskaliert die Situation.

BuzzFeed.de © Sven Adam

Ein 27-jähriger Göttinger, der als Ordner zwischen dem Demonstrationszug und den Polizeikräften stand, wurde dabei mehrfach mit Fäusten und Schlagstöcken geschlagen. Er trägt eine Armbinde mit der Aufschrift "Ordner". Das Video zeigt nicht, dass Gewalt von ihm ausgeht. Auch Widerstandshandlungen sind nicht zu sehen.

0:10 - Der Ordner wird von Beamten vor den Demonstrationszug geschubst.

0:19 - Mehrere Schläge treffen den Ordner.

BuzzFeed.de © Sven Adam

0:32 - Ein Beamter (NI 7344) schlägt dem Ordner mit der Faust ins Gesicht. Dieser liegt anschließend am Boden.

0:40 - Nach mehreren Sekunden ziehen Beamte ihn zur Seite. Er scheint nicht bei Bewusstsein zu sein und leistet keinerlei Widerstand.

BuzzFeed.de © Sven Adam

0:48 - Eine ältere Frau kniet sich zu dem Verletzten zu Boden. Sie wird von Beamten beiseite gezogen.

0:54 - Der Ordner wird von Beamten beiseite gezogen, rutscht diesen dabei aus den Armen. Er hält sich nicht selbstständig auf den Beinen.

0:57 - Er wird mit dem Kopf nach unten auf dem Boden abgelegt und scheint kurzzeitig wieder bei Bewusstein. Ein Beamter fixiert ihn mit seinem Knie im Genick. Währenddessen schirmen andere Beamte die Situation so ab, dass niemand Hilfe leisten kann und Filmaufnahmen erschwert sind.

0:58 - Der Ordner hustet und schnappt nach Luft.

BuzzFeed.de © Sven Adam

1:07 - Der Ordner ruft mehrfach und deutlich verständlich: "Ich wehre mich nicht."

1:24 - Der Ordner wird hochgezogen. Er wirkt wieder bewusstlos. Ein Polizeiführer vor Ort gibt die Anweisung, dass mehrere Beamte "als Sicherung" mitgehen sollen.

1:33 - Umstehende machen die Beamten ca. 15 Sekunden lang darauf aufmerksam, dass der Ordner bewusstlos ist.

BuzzFeed.de © Sven Adam

1:52 - Eine ältere Frau schreit die Beamten an: "Das ist mein Kind!". Sie wird weggeschoben.

2:02 - Ein Polizeiführer weist einen Kollegen an: "Wir schreiben eine Anzeige gegen sie" und zeigt auf eine Teilnehmerin.

Verletzter zeigt Polizisten an

Wie Sven Adam, der Rechtsanwalt des 27-jährige Göttingers mitteilte, habe dieser als Ordner der angemeldeten Demonstratin im Vorfeld "an den Kooperationsgesprächen mit der Versammlungsbehörde und der Polizei teilgenommen und während der Versammlung immer wieder vermittelnd zwischen den Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern und den Einsatzkräften gehandelt".

Rechtsanwalt Adam sagte weiter: "Es wurde nun Strafanzeige wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung im Amt erstattet und eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Göttingen, gerichtet auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser enthemmten Gewalt, erhoben."

BuzzFeed.de © Sven Adam
BuzzFeed.de © Sven Adam
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Polizisten zeigen Verletzen an

Rechtsanwalt Sven Adam zufolge wird nun auch gegen den verletzten Ordner ermittelt. Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue bestätige BuzzFeed News, dass gegen den Ordner eine entsprechende Anzeige von der Polizei gestellt wurde: wegen Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Körperverletzung.

Die Polizei Göttingen selbst wollte keine Fragen beantworten und verwies an die Staatsanwaltschaft. Sie hatte zuvor jedoch per Pressemitteilung erklärt, die Beamten seien unvermittelt und von hinten angerannt worden. " Im Zusammenhang mit diesem Geschehen konnte die Polizei einen der mutmaßlichen Angreifer ergreifen und überwältigen. Der Göttinger wurde anschließend für die erforderlichen strafprozessualen Maßnahmen zur Dienststelle transportiert und nur wenig später von dort wieder entlassen. Entgegen zwischenzeitlich aufgekommener Gerüchte bzw. Behauptungen befand sich der Tatverdächtige weder während seiner Festnahme noch anschließend in bewusstlosem Zustand."

Sven Adam, der Anwalt des Betroffenen, widersprach dieser Einschätzung im Gespräch mit BuzzFeed News vehement. Der Betroffene habe Hämatome am ganzen Körper, die auch fotografisch festgehalten sowie in der Notaufnahme festgestellt wurden. Er habe weiterhin eine aufgeplatzte Lippe und eine Verletzung an der Stirn davongetragen sowie vor Ort mehrfache Bewusstseinseintrübungen erlitten, die das Video auch belege. Die Beamten seien nach der Festnahme aufgrund diverser Sperrungen 20 Minuten mit dem Beschuldigten durch die Stadt gefahren. Erst an der Wache habe ein Rettungswagen gewartet, der nach der vergangenen Zeit dann allerdings keine Bewusstlosigkeit mehr feststellen konnte.

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