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Die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen wird im Bundesrat besprochen

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„Der Paragraf 219a widerspricht der heutigen Vorstellungen von Selbstbestimmung“

Der Gesetzesentwurf zur Streichung des umstrittenen Paragrafen 219a wurde heute in den Bundesrat eingebracht. Der Berliner Justizminister Dirk Behrendt hatte dazu am Dienstag eine Gesetzesinitiative veröffentlicht. „Es ist falsch, eine Frau Hänel oder andere Ärzte zu bestrafen, wenn sie sachlich mitteilen, dass sie bereit sind, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen“, sagte er heute im Bundesrat.

Der Gesetzesentwurf wurde nun in den Rechtsausschuss verwiesen, im Januar wird darüber beraten.

Der Paragraf widerspreche der heutigen Vorstellungen von Informationsfreiheit, Selbstbestimmung und der freien Wahl eines Arztes, so Behrendt weiter. Der Paragraf sei „vollständig entbehrlich“. Er forderte die anderen Bundesländer auf, den Antrag zu unterstützen.

Anlass der Debatte ist der Fall der Abtreibungsärztin Kristina Hänel. Sie wurde am 24. November 2017 vom Gießener Landgericht nach Paragraf 219a verurteilt. Die Richter begründeten dies damit, dass sie gegen das Werbeverbot verstößt, indem sie auf ihrer Webseite Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen verlinkt. Seitdem wird bundesweit über die Abschaffung des Paragrafen diskutiert.

Kristina Hänel vor dem Bundestag.

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Das Bundesland Berlin hatte am Dienstag eine Bundesratsinitiative für die Streichung des Paragrafen eingebracht. Mit einer Bundesratsinitiative können Bundesländer Themen auf die Tagesordnung des Bundestags setzen. In Berlin wurde der Gesetzesantrag von Justizminister Dirk Behrendt (Bündnis90/Die Grünen) und Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) erarbeitet. Behrendt nannte das Gesetz ein Überbleibsel aus der Nazizeit. Paragraf 219a wurde 1933 unter den Nationalsozialisten eingeführt.

Unterstützt wird die Initiative derzeit von den Bundesländern Thüringen, Hamburg, Bremen und Brandenburg.

Am 2. Februar wird voraussichtlich über den Gesetzesvorschlag im Bundesratsplenum abgestimmt. Kommt es dort zu einer Mehrheit, geht der Vorschlag innerhalb von sechs Wochen in den Bundestag. Der Bundestag setzt Gesetzesentwürfe des Bundesrates zwar selten um, doch der Bundesrat kann so das Thema erst einmal auf die Agenda im Bundestag setzen.

„Wenn es einen faulen Kompromiss gibt, gehe ich vor das Bundesverfassungsgericht“

Zunächst einmal muss jedoch eine Mehrheit der Bundesländer im Bundesrat zustimmen. Ob es dafür reicht, ist derzeit unklar. Der Sprecher des Justizsenators in Berlin wollte „keine Prognose“ wagen, ist aber „zurückhaltend zuversichtlich“. Wichtig wird vor allem sein, wie sich die CDU-geführte Bundesländer entscheiden.

Die Debatte im Bundesrat

Die Rede des Berliner Justizsenators Dirk Behrendt

Gleichzeitig sind auch Mitglieder des Bundestags aktiv geworden, um das Gesetz zu Fall zu bringen. Am Mittwochmorgen traf sich eine Gruppe von Abgeordneten aller Parteien mit Ausnahme der AfD, um über eine mögliche Abschaffung des Paragrafen zu beraten. Dazu hatte die Grünen-Abgeordete Ulla Schauws eingeladen. Sie nannte das Treffen „konstruktiv“. Im Januar soll ein erneutes Treffen stattfinden.

An den Gesprächen im Bundestag nahmen auch Mitglieder der CDU teil. Die „Frauen Union“, ein Zusammenschluss von Frauen aus der CDU, wollte sich auf Anfrage von BuzzFeed News nicht dazu äußern.

Im Gespräch ist außerdem ein möglicher Kompromiss: Der Paragraf könnte, um die Zustimmung von CDU-Mitgliedern zu bekommen, nur entschärft statt gestrichen werden. Es wäre Ärztinnen und Ärzten dann erlaubt, über Abtreibungen zu informieren, etwa auf ihren Webseiten. Ein grundsätzliches Werbeverbot bliebe aber bestehen.

Kristina Hänel hat angekündigt, sich mit diesem Kompromiss nicht zufrieden zu geben. „Wenn es einen faulen Kompromiss gibt, gehe ich vor das Bundesverfassungsgericht“, sagte sie am Dienstag.

Frauen forderten am Dienstag vor dem Bundestag die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen.

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