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So reagierten meine Kollegen, als sie erstmals ostdeutsches Essen probierten

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Ich habe eine Woche lang für meine BuzzFeed-Kollegen beliebte DDR-Rezepte gekocht. Die Reaktionen waren überraschend. Denn bis auf Juliane, die auch in Ostdeutschland aufgewachsen ist, kannte niemand die Mahlzeiten.

Montag: Soljanka und Apfelkompott

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Karsten: Was mache ich mit dem Klecks Crème Fraîche? Verrühre ich das? gibt es da eine Regel?

Sebastian: Das kannst Du machen, wie Du willst.

Karsten: Interessant, dass Du es komplett verrührst. Ich esse jetzt einfach langsamer, um zu sehen, wie ihr das macht.

Nina: Lecker.

Sebastian: Das Rezept ist von meiner Schwiegermutter aus dem Oderbruch.

Philipp: Das ist ja fast Niedersachsen.

Sebastian: Quatsch. Das ist fast Polen.

Nina: Endlich ist jemand schlechter in Erdkunde als ich.

Philipp: Die Gewürzgurken in der Soljanka flashen mich.

Karsten: Was ist das kleine hier drin? Erbsen?

Sebastian: Das sind Kapern.

Nina: Wie steht ihr zu Gewürzgurken?

Phil: Ich mag sie drin, aber ich esse sie nicht.

Sebastian: In der Soljanka ist vor allem ganz viel Gurkenwasser.

Karsten: Was ist eigentlich alles in der Soljanka drin?

Sebastian: Alles mögliche. Traditionell werden Reste aus der Küche verwertet. Hier ist aber jetzt Tafelspitz und eine Beinscheibe drin. Du kannst aber auch Jagdwurst nehmen. Wichtig ist nur, dass die Soljanka in zwei verschiedenen Töpfen zubereitet wird und erst am Ende alles zusammen kommt.

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Karsten: Ich finde es süß, wie alle beim Essen so einen Soljanka-Mund bekommen.

Anna: Wie mit einem Soljanka-Stift nachgezeichnet ... Ich dachte übrigens immer, dass Soljanka so eine Art Ketchup ist.

Karsten: Ist Soljanka sonst eigentlich ein typischer Vorname?

Juliane: Vielleicht im Prenzlauer Berg ...

Philipp: Soljanka, komm bitte von der Schaukel runter.

Anna: Quatsch. Das heißt "salzige Suppe". Habe ich vorhin gelernt. – Vor fünf Minuten.

Juliane: Soljanka hatte in der DDR auf jeden Fall einen schlechten Ruf.

Sebastian: Warum?

Juliane: Weil es hieß, dass dort alle Küchenreste hineinkommen.

Sebastian: Aber das stimmte doch auch. Ich weiß nichts von einem schlechten Ruf.

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Sebastian: Was haltet ihr vom Apfelkompott?

Karsten: Ich habe das Gefühl, dass ich einen Pfannkuchen mit Zucker und Zimt esse.

Philipp: Oder so klein gehackte Äpfel mit Walnüssen und Zucker und Zimt. Sehr lecker.

Karsten: Kann man die Flüssigkeit nicht in Dosen abfüllen und verkaufen? Wahnsinnig gut. Was ist das?

Sebastian: Einfach nur Wasser, in dem Apfelstückchen mit Zucker und Zimt aufgekocht wurden.

Nina: Mit Vodka wäre das auch lecker.

Juliane: Und was gibt es morgen?

Sebastian: Spirelli mit Wurstgulasch und als Nachtisch Rote Grütze.

Nina: Meine Mutter hat das immer mit Möhren gemacht, deswegen hieß das bei uns Bugs-Bunny-Gulasch.

Dienstag: Wurstgulasch und Rote Grütze mit Vanille-Soße

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Karsten: Keine Crème Fraîche heute? OMG, das sieht voll krass aus.

Philipp: Das ist das beste Wurstgulasch, das ich je gesehen habe.

Anna: Ich habe noch nie Wurstgulasch gesehen.

Philipp: Ich habe ein Wurstgulasch-Trauma von früher.

Juliane: Das ist schon die hohe Kunst des Wurstgulaschs. Da ist sogar Paprika drin. Ihr wisst: Wir hatten ja nichts.

Sebastian: Das ist die Berliner Variante. Mit Ketchup statt mit Tomatenmark. Denn in Berlin gab es immer alles zu kaufen.

Karsten: Ihr esst das mit Löffel und nicht mit Gabel?

Sebastian: Nur mit Löffel. Sonst passt ja nicht genug drauf.

Karsten: Spannend.

Anna: Was ist da alles drin?

Karsten: Ich habe gesehen, dass Du so eine riesige Brühwurst gekauft hast. Ist die komplett hier drin?

Sebastian: Ja, das war eine Jagdwurst. Und ich habe alles reingemacht. Jagdwurst ist immer eine ordentliche Basis für gutes Essen.

Anna: Endlich lerne ich mal Jagdwurst kennen.

Karsten: Das Wurstgulasch legt sich wie ein Geschmacksfilm über den Gaumen. Das ist wundervoll.

Sebastian: Wenn Du in einer ostdeutschen Stadt bist, musst Du zum Fleischer gehen und Wurstgulasch bestellen. Dann bekommst Du genau das. Bestes Mittagessen überhaupt.

Anna: Das ist so geil.

Philipp: Ich hatte Schiss vor dem Essen heute, aber es schmeckt richtig gut.

Sebastian: Es war nicht alles schlecht ...

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Karsten: Gut, dass die Zwiebeln nicht so präsent sind.

Sebastian: Nicht präsent? Da sind 300 Gramm Zwiebeln drin.

Anna: Ich liebe Zwiebeln.

Karsten: Die Mischung stimmt aber. Ich muss mich zurückhalten, meinen Löffel nicht zu voll zu machen. Es schmeckt so gut.

Juliane: Das ist so ein Essen, an dem man sich voll fressen kann.

Karsten: So ein Imbiss wäre gut, an dem man statt Dönerbox eine Wurstgulasch-Box bekommt.

Sebastian: Wurstgulasch to go.

Karsten: Wie wird eigentlich die Soße gemacht?

Sebastian: Wie alles im Osten: mit Mehl. Die Basis ist immer eine Mehlschwitze.

Juliane: Mehlschwitze ist unsere Sauce Hollandaise.

Karsten: Ist vielleicht Zufall, aber bisher haben die Ostgerichte alle die gleiche Farbe.

Sebastian: Das ganze Land hatte ja nur eine Farbe.

Juliane: Wir hatten doch nichts.

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Juliane: Das ist die Rote Grütze, die wir meinen, wenn wir von Roter Grütze sprechen.

Anna: Wahnsinn.

Juliane: Ich kenne Leute, die nicht aus dem Osten kommen und bis heute bestreiten, dass das Rote Grütze ist.

Karsten: Ist das Grießbrei mit Farbstoff?

Sebastian: Zu 97 Prozent aus Weizengrieß. Auf jeden Fall ist da keine Frucht daran vorbei gekommen.

Juliane: Phil, warum drückst Du mit Deinem Finger auf die Rote Grütze?

Philipp: Das fässt sich einfach lustig an.

Anna: Mich erinnert der Aromaduft voll an Schwimmbad.

Philipp: Das hat so etwas von den Chemie-Süßigkeiten, die wir als Kind immer gegessen haben.

Juliane: Diese Rote Grütze ist meine Kindheit in einem Gericht.

Anna: Das Essen war richtig gut.

Nina: Ihr seht auch alle so glücklich aus.

Karsten: Man muss einfach mehr mit Mehlschwitze machen.

Mittwoch: Grießbrei mit Kirschen und Kaltschale

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Philipp: Mmmmmh.

Sebastian: Grießbrei ist jetzt nicht speziell ostdeutsch. Aber es war eine ganz normale Mahlzeit. Nicht nur für Kinder.

Philipp: Mit Grießbrei komme ich klar. Milchreis geht dagegen gar nicht.

Sebastian: Ist wie früher Ärzte oder Tote Hosen?

Anna: Für mich ist alles gleich.

Karsten: Ich mag diese Mischung aus warmen Grießbrei und kalten Kirschen. Ist das so beabsichtigt?

Sebastian: Ich glaube schon.

Karsten: Ich habe schon Leute gesehen, die Grießbrei und Kirschen verrühren und eine Pampe daraus machen.

Sebastian: Ich mache das so. Eine Pampe machen, finde ich wichtig.

Juliane: Es gibt auch Leute, die aus Pückler-Eis eine Pampe machen.

Karsten: Ich habe bei solch einem Essen immer Angst, dass ich zu schnell esse.

Juliane: Es ist auch so ein Dummfress-Essen.

Karsten: Ich habe immer Angst bei Grießbrei, dass ich nicht satt werde. Hattet ihr eigentlich Konserven-Obst?

Juliane: Ja. Aber eigentlich immer nur eingekocht.

Sebastian: Wir hatten so einen riesigen Schrank im Keller mit eingekochtem Obst, über das penibel eine Liste geführt wurde. Noch als ich zehn Jahre alt war, gab es Stachelbeeren als Kompott die älter als ich waren.

Juliane: Und geschadet hat es uns nicht ...

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Sebastian: Jetzt gibt es noch eine Stärkebombe hinterher. Hier die Kaltschale.

Juliane: Muss das nicht fest werden?

Sebastian: Nein, das ist so zähflüssig mit gefriergetrockneten Früchten drin.

Juliane: Oaaar. Das ist so eklig. Obwohl es sehr himbeerig riecht. So stellt sich ein Chemiker ein Dessert vor.

Philipp: Aber einer, der Schnupfen hat.

Anna: Die Konsistenz ist zu krass für mich. Das kriege ich nicht runter.

Sebastian: Aber vielleicht so richtig kalt im Sommer? Kalt schmeckt doch sogar schlechtes Bier gut.

Juliane: Wäh. Auf keinen Fall. Das ist nicht richtig flüssig und nicht richtig fest.

Anna: Genau.

Karsten: Bevor ich das überhaupt esse, habe ich Angst, dass es sich in meinen Zähnen verfängt. Das ist definitiv kein Büro-Essen. Was ist das überhaupt, was da drin schwimmt?

Sebastian: Gefriergetrocknete Beeren.

Juliane: Soljankareste.

Philipp: In Wirklichkeit essen wir seit drei Tagen das Gleiche. Es ist nur immer unterschiedlich gewürzt und enthält unterschiedliche Mengen an Wasser. Bei der Kaltschale muss ich mich immer zurückhalten, damit ich nicht Gurgeln anfange.

Donnerstag: Karlsbader Schnitte und Möhrensalat

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Sebastian: Karlsbader Schnitte, der Toast Hawaii des Ostens.

Anna: Diese Worcester Sauce ist aber nicht Ost-Style.

Sebastian: Doch.

Anna: Stimmt. Da steht "Dresdner Art" darauf.

Sebastian: Die Sauce muss auf jeden Fall auf den überbackenen Käse. In ostdeutschen Familien wurde immer gestritten, wie Worcester Sauce ausgesprochen wird. Da gab es die eine Seite, die "Wortschester" gesagt hat und die andere, die nannten es immer "Wuster". Mich hat das nie interessiert. Hauptsache es schmeckt.

Anna: Vielleicht "Wörster Sauce"?

Juliane: Ich habe gehört, dass es "Wuster" ausgesprochen wird.

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Philipp: Das sind zwei verschiedene Arten von Toast?

Sebastian: Ja, ein Toast ist mit Ananas und das andere ohne. Das mit Ananas ist die Berlin-Variante. Die andere bedeutet "Wir hatten ja nichts".

Anna: Das Toast wird mit Händen gegessen oder mit Besteck?

Sebastian: Nimm es in die Hand.

Anna: Mmmmh. Mit der Sauce ist das wirklich gut. Ostküche ist wirklich geil. Ohne Ananas ist besser. Denn die ist immer noch extrem heiß, was man ganz leicht vergisst, bis man hineinbeißt.

Philipp: Ich mag es auch ohne Ananas lieber. Bei uns hieß das immer Pizza-Toast.

Anna: Ist das ein richtiges Essen oder ein Snack?

Sebastian: Eher schon ein Abendessen, wenn keiner Lust hatte, etwas zu machen. Als Kind fand ich das super. Heute brauche ich das nicht mehr.

Juliane: Bei uns hieß das auch Sportlerschnitte. Das perfekte Essen für den Kindergeburtstag. Kein Besteck notwendig. Man konnte es vorbereiten und dann einfach den Herd anschalten.

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Anna: Jetzt bin ich noch auf den Möhrensalat gespannt.

Sebastian: Örks. Der schmeckt nicht ganz so gut. Zu lasch. Er müsste etwas süßer schmecken und Zitrone fehlt eindeutig. Außerdem ist der Ostmöhrensalat viel feiner geraspelt.

Anna: Ist das ein Nachtisch?

Juliane: Eher als Beilage. So wie Weißkohlsalat.

Philipp: Ich hätte jetzt nicht gedacht, dass das so satt macht. Aber ich kann nicht mehr.

Freitag: Jägerschnitzel und Weißkrautsalat

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Karsten: Als Westddeutscher bringe ich das ja überhaupt nicht mit Jägerschnitzel in Verbindung.

Anna: Was ist denn ein richtiges Jägerschnitzel?

Philipp: Schnitzel mit brauner Soße und Pilzen.

Sebastian: Und das Ost-Jägerschnitzel kommt einfach ohne braune Soße, ohne Pilze und ohne Schnitzel aus. Einfach panierte Jagdwurstscheiben und gut.

Anna: Aha. Aber lecker ist es.

Karsten: Benutzt ihr kein Messer dafür?

Sebastian: Mit der Gabel aufspießen und abbeißen.

Karsten: Wer kam eigentlich auf die Idee, einfach Wurst zu panieren?

Sebastian: Diejenigen, die Essen machen sollten, aber kein Fleisch kaufen konnten. Ihr wisst: Wir hatten ja nichts.

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Karsten: Bei der Soße schmecke ich nur Ketchup.

Sebastian: Das ist das Geheimnis dahinter. Es gibt nur Ketchup, ein paar Zwiebeln, Mehl und Wasser.

Anna: Ich mag diese Ketchup-Soße voll gerne.

Karsten: Sie glänzt auch so herrlich im Licht.

Sebastian: Bekannt ist die als DDR-Schulküchen-Tomatensoße. Gibt es auch unter der Bezeichnung in Dosen im Supermarkt zu kaufen.

Anna: Laber nicht! Echt?

Sebastian: Ja.

Philipp: Ich bin kein Fan von der Tomatensoße.

Sebastian: Du kannst wie immer etwas Jagdwurst reinmachen. Dann ist es noch besser.

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Karsten: Ich überlege die ganze Zeit, was man noch alles panieren kann. Wieso macht man das so wenig? Wie wäre es mit einen Jagdwurst-Burger?

Sebastian: Der Weißkohlsalat schmeckt super. Genau richtig.

Philipp: Weißkohl-Salat gab es bei unserem Kleinstadt-Döner auch immer.

Karsten: War dieses Jägerschnitzel deswegen so beliebt bei Kindern, weil es so etwas wie die ostdeutsche Variante von Fischstäbchen ist?

Sebastian: Gute Theorie.

Karsten: ich mag alles mit Wurst.

Und was hat am besten geschmeckt?

Anna: Am besten war das Wurstgulasch. Und die Rote Grütze als Dessert.

Karsten: Bei mir gewinnt das Jägerschnitzel. Und auch die Rote Grütze. Die war der Knaller.

Philipp: Ganz vorne war das Wurstgulasch. Als Nachtisch die Rote Grütze. Aber ich hatte auch keine Probleme mit der Kaltschale.

Karsten: Ich habe gelernt, dass Soße mit Mehl echt ein Ding ist.

Anna: Ich dachte immer, dass Mehlschwitze krass kompliziert ist.

Du willst die Rezepte nachkochen? Kein Problem.

Montag: Ein Rezept für Soljanka gibt es hier. Und wie Du Apfelkompott machst, wird hier erklärt.

Dienstag: Hier gibt es das Rezept für Wurstgulasch. Die Rote Grütze wird mit der Mischung von Komet angerührt.

Mittwoch: Grießbrei wie gewohnt zubereiten. Den fertigen Brei mit Kirschen, Pflaumen oder einfach Zucker und Zimt servieren. Die Kaltschale mit der Mischung von Komet anrühren.

Donnerstag: Eine Anleitung für Karlsbader Schnitte findest Du hier. So wird der richtige Möhrensalat mit Äpfeln gemacht.

Freitag: So machst Du Jägerschnitzel aus Jagdwurst und so die richtige Tomatensoße dazu.

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