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Diese Seite will sexuelle Belästigung im Alltag sichtbar machen

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Und wurde deshalb direkt nach ihrem Start angegriffen.

Sexuelle Belästigung passiert oft im Vorbeigehen: Hinterherpfeifen, die beiläufige Berührung am Arbeitsplatz, Beschimpfungen auf der Straße. Wer davon betroffen ist, geht selten zur Polizei. Auch wenn „Beleidigung auf sexueller Grundlage“ seit der Änderung des Sexualstrafrechts im vergangenen Herbst eine Straftat ist, wird sie oftmals als Lappalie abgetan. Damit bleibt auch im Dunkeln, wie viele Menschen eigentlich davon betroffen sind. Die neue Web-App „Keine Kleinigkeit“ will das ändern. Sie wurde am Freitag gestartet. Und gleich am Samstag durch eine DDoS-Attacke angegriffen.

Ein Button als Ventil

„Wir haben viel darüber geredet, dass ein Ventil in dem Moment fehlt, wenn man sexuelle Belästigung erlebt“, sagt Mareike Geiling. Sie ist Dozentin im Studiengang Kommunikationsdesign der HTW Berlin und hat die Web-App zusammen mit ihren Studierenden entwickelt. Unterstützt werden die Studenten vom Verein Mensch, Mensch, Mensch e.V..

Weil sexuelle Belästigung in „dynamischen Situationen“ passiere, auf dem Fahrrad etwa, könne man oft nicht sofort reagieren. Hat man sich erst einmal gesammelt, ist der Verursacher meist schon weg und das Gefühl nichts tun zu können, bleibt. „Mit der Web-App wollten wir einen Button schaffen, der einfach nur zählt, es ist was passiert“, so Geiling.

Innerhalb von 45 Minuten nach Launch, wurden bereits 100 Vorfälle auf der Seite angezeigt. Die Zahlen haben allerdings keinen wissenschaftlichen Anspruch, denn theoretisch ist es möglich, dass die anonymen Nutzer Fälle mehrfach melden.

BuzzFeed.de © keinekleinigkeit.de / Via keinekleinigkeit.de

Gemeldete Fälle von körperlicher, sexueller Belästigung auf „Keine Kleinigkeit“, Stand 18. Oktober.

Wer möchte, kann noch genauer beschreiben, was passiert ist. Und wer Hilfe sucht, kann auf der Website von „Keine Kleinigkeit“ Telefonnummern vom Hilfetelefon „Frauen gegen Gewalt“ oder der „Superheldin gegen Gewalt“ finden.

Außerdem sind dort die Polizeien aller sechzehn Bundesländer verlinkt, bei denen Betroffene die Tat per Onlineformular anzeigen können. Auf Twitter findet die App seit Freitag erste Fans.

Die App kommt in einem Moment, in dem Hunderttausende Frauen weltweit unter dem Hashtag #metoo über ihre Erlebnisse mit sexueller Belästigung und Gewalt berichten. Ähnliche Aktionen gab es in den vergangenen Jahren mit #aufschrei, #ausnahmslos oder #whyisaidnothing.

Alltagssexismus ist für diese Frauen nur die Spitze des Eisbergs.

Und sie rufen dazu auf, Vorfälle zu melden.

Wie unter #metoo, teilen sie persönliche Erfahrungen.

Schnell wurde die Seite aber auch zur Zielscheibe von Hass und Relativierung.

„Die Hater haben sofort den Weg zu uns gefunden“, sagt Mareike Geiling. Am Samstag wurde die Seite durch ein Script angegriffen, dass die Zahlen hochtrieb. Geiling hätte nicht damit gerechnet, dass jemand so schnell versucht die Seite zu zerstören.

„Vor allem seitdem der #metoo-Hashtag so durch die Decke geht, würden wir gerne auch Leute auf unsere Seite aufmerksam machen“, sagt Geiling.

Auch auf Twitter und Facebook wurde „Keine Kleinigkeit“ sofort von Hasskommentaren überschüttet.

Für viele belegt das aber nur wie verbreitet Sexismus ist.

Wir recherchieren langfristig zu sexualisierter Gewalt und Missbrauch. Wenn du einen Tipp für uns hast, kannst du dich direkt an unsere Reporterin Pascale Müller wenden: pascale.mueller@buzzfeed.com. Die besten Hinweise enthalten nicht nur Namen, sondern konkrete Informationen und Belege oder zusätzliche Ansprechpartner.

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