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Aldi Süd nimmt nach BuzzFeed-Recherchen spanische Erdbeeren aus dem Sortiment

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Auch andere deutsche Supermärkte reagieren jetzt auf die Missbrauchsvorwürfe von Erntehelferinnen.

Aldi Süd will vorerst kein Obst mehr von Erdbeer-Produzenten in Spanien beziehen, denen Erntehelferinnen Missbrauch und Ausbeutung vorwerfen. Das ist eine direkte Reaktion auf Recherchen von BuzzFeed News. Gemeinsam mit dem gemeinnützigen Recherchebüro Correctiv hatte BuzzFeed News aufgedeckt, dass sexualisierte Gewalt gegen Erntehelferinnen in Spanien weit verbreitet ist. Erdbeeren beschuldigter Unternehmen werden auch in Deutschland verkauft.

Auf Anfrage von BuzzFeed News schreibt Aldi Süd: „Die Unternehmensgruppe Aldi Süd hat in der Vergangenheit eine sehr geringe Menge an Obst von den genannten Erzeugern bezogen. Zu den Erzeugern bestehen keine direkten Geschäftsbeziehungen. Bis zur Klärung der Sachlage beziehen wir keine Ware von den von Ihnen benannten Erzeugern.“

BuzzFeed News hat die sechs größten Supermarktketten in Deutschland angefragt, ob sie Produkte von den Erdbeerfarmen „Freserrano“, „Doñana 1998“ oder der Vertriebsgenossenschaft „Sociedad Cooperativa Andaluz Santa Maria de la Rabida“ beziehen, die von „Freserrano“ beliefert wird.

Erntehelferinnen hatten Vorgesetzten bei „Freserrano“ und „Doñana 1998“ vorgeworfen, sie sexuell belästigt und in mindestens einem Fall auch vergewaltigt zu haben. Außerdem sollen die Frauen körperlich misshandelt worden sein, Teile ihres Gehalts seien nicht ausbezahlt worden und sie hatten keinen ausreichenden Zugang zu Sanitäranlagen und medizinischer Versorgung. Für die Recherche hatte BuzzFeed News mit mehr als 100 Frauen in Spanien, Marokko und Italien gesprochen.

In der vergangenen Woche hatte „Doñana 1998“ dutzende Frauen entlassen und in Bussen gekidnappt, offenbar damit diese nicht gegen das Unternehmen aussagen.

Aldi Süd will selbst Kontrollen in Spanien durchführen

„Die geschilderten Zustände in Huelva sind in keiner Weise mit unserem Verständnis von sozial gerechten und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen vereinbar“, schreibt Aldi Süd.

Zur Aufklärung und Überprüfung vor Ort stehe das Unternehmen in engem Austausch mit Lieferanten, der weltweit tätigen Organisation Global GAP, sowie dem Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH). „Außerdem werden wir vor Ort bei relevanten Erzeugern selbst Kontrollen durchführen“, schreibt eine Pressesprecherin von Aldi Süd.

Metro hat Lieferanten informiert

Rewe Group und Metro Group beziehen beide nach eigenen Angaben keine Erdbeeren, Blaubeeren, Mandarinen, Orangen oder Himbeeren der betroffenen Unternehmen. Ein Pressesprecher schreibt, Metro Deutschland habe die eigenen Lieferanten aber darüber informiert, dass auch weiterhin keine Waren von diesen Produzenten bezogen werde.

Von der Rewe Group heißt es: „Wir lehnen jedwede Form von Rechtsverstößen, Ausbeutung oder (sexualisierte) Gewalt ab und begrüßen es ausdrücklich, dass die zuständigen spanischen Behörden aktiv werden.“

Netto und Edeka geben keine genaue Auskunft

Edeka und Netto teilen BuzzFeed News trotz mehrfacher Nachfrage nicht mit, ob sie Produkte von den fraglichen Firmen und Genossenschaften beziehen.

Pressesprecher beider Unternehmen schreiben BuzzFeed News in einer Email, dass sie sich von jeglichen Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen ausdrücklich distanzieren. Von Edeka heißt es: „Gegen strafrechtlich relevante Vorgänge müssen zuständige Behörden entschlossen vorgehen.“

Ebenfalls keine Antwort erhielt BuzzFeed News bisher von Aldi Nord, Kaufland und Lidl.

Erdbeeren betroffener Farmen in einem Lidl-Supermarkt in NRW

BuzzFeed News hatte im Zug der Recherche Erdbeeren der andalusischen Genossenschaft Santa Maria de la Rabida in einem Lidl-Supermarkt in Nordrhein-Westfalen gefunden.

In einer Stellungnahme an BuzzFeed News verwies eine Pressesprecherin von Lidl Anfang April darauf, dass die Erzeuger zertifiziert seien und regelmäßig kontrolliert würden. Darüber hinaus übernehme Lidl „soziale und ökologische Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette“.

„Wir distanzieren uns von Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen jeglicher Art. Sollten uns konkrete Sachverhalte bezüglich Verstößen gegen diese Bestimmungen vorliegen, gehen wir dem nach und leiten entsprechende Schritte ein. Bei den von Ihnen geschilderten Praktiken handelt es sich nach unserer Ansicht um strafrechtlich relevante Tatbestände, die auch als solche behandelt werden sollten“, so die Sprecherin.

Hier lest ihr mehr über die Recherche:

Vergewaltigt auf Europas Feldern

Ein Erdbeerproduzent kidnappt Erntehelferinnen, weil die über Missbrauch aussagen wollen

Vier Erntehelferinnen zeigen ihren Vorgesetzten wegen sexualisierter Gewalt an

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