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Das steckt hinter den Randalen von Köln

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Am Sonntag maschierten und randalierten ungefähr 4000 "Hooligans gegen Salafisten" durch die Kölner Innenstadt. Wir haben den Journalisten Patrick Gensing (Tagesschau, Publikative.org) zu der Bewegung befragt.

Friedemann Weise@FriedemannWeise

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BuzzFeed: Herr Gensing, wer sind die Hooligans gegen Salafisten, kurz HoGeSa?

Patrick Gensing: Es handelt sich überwiegend um ältere Hooligans aus dem gesamten Bundesgebiet. Aber es gibt auch zahlreiche Überschneidungen mit rechten Gruppen, die man nicht alle dem Fanspektrum zu ordnen kann.

Hooligans sind nicht zwangsläufig rechts. Gibt es schon Reaktionen von anderen Gruppen? Oder bleiben die stumm?

PG: Ich persönlich habe bisher keine gesehen. Aber es wird spannend sein, zu beobachten, wie Hooligans darauf reagieren werden. Es gibt auch einige, die einen Migrationshintergrund haben und ich kann mir nicht vorstellen, dass die es toll finden, dass da Neonazis den Ton angeben.

Vereinzelt gab es Gerüchte, dass auch Hooligans aus anderen Ländern nach Köln gereist sind. Ist da was dran?

PG: Ich habe das auch gehört, kann das aber nicht bestätigen, weil ich selbst nicht vor Ort war.

Frank Schneider@chefreporterNRW

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Die Demo war lange angekündigt, die HoGeSa hat seit ein paar Wochen in den sozialen Medien mobilisiert. Warum waren trotzdem alle so überrascht?

PG: Hinterher ist man immer schlauer. Ich könnte jetzt natürlich sagen, dass man das Ausmaß hätte ahnen können. Aber ist das wirklich so? Wenn 7000 Leute auf Facebook sagen, dass sie zu einer Demonstration kommen, kann man nicht davon ausgehen, dass auch tatsächlich jeder Zweite auftaucht.

Gibt es ein Vorbild für die HoGeSa?

PG: Ganz klar die English Defence League, kurz EDL. Das sind auch rechte Fußball-Hooligans, die seit Jahren erfolgreich mit der Empörung der Bürger arbeiten. Die geben sich ebenfalls nach außen unpolitisch, arbeiten aber mit rechtsextremen Politikern zusammen.

Würden Sie sagen, es gibt derzeit eine Stimmung in Deutschland, die die HoGeSa ermutigt?

PG: Ja. Die Stimmung ist wieder recht aggressiv, was den Umgang mit Minderheiten angeht. Die Hools geben vor, gegen Salafisten zu sein. Sie skandierten aber "Ausländer raus!". Das Motto war also nur ein Deckmantel für Rassismus. Gleichzeitig erleben wir einen Anstieg von rechten Aktivitäten in der Öffentlichkeit: Da gibt es die Montagsdemonstrationen, die Konferenzen von Jürgen Elsässer - und die AfD räumt bei Wahlen ab.

Fabian Eberhard@FabianEberhard

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Kann man schon von einer neuen Rechten Bewegung sprechen?

PG: Meine Einschätzung ist, dass es diese Einstellungen schon lange gibt, sie sich aber unterschiedlich deutlich äußern. Wir können zur Zeit beobachten, wie gewisse Schranken fallen. Vieles ist in Bewegung, neue Bündnisse werden geschmiedet, neue Aktionsformen und Themen ausprobiert. Man sollte das schon ernst nehmen. Ich kann aber gleichzeitig gerade noch nicht voraussagen, wohin das führen wird.

Was verspricht sich die HoGeSa von solchen Demonstrationen?

PG: Das ist eine ganz klare Machtdemonstration in einem Kampf um Aufmerksamkeit. Sie wollen zeigen, dass sie den Ton auf der Straße angeben. Man will sich nicht von denen, die man als "Kanacken" bezeichnet, die Butter vom Brot nehmen lassen. Und ich glaube, es geht auch darum, Nachwuchs zu rekrutieren.

Warum ging das ausgerechnet von Dortmund aus?

PG: Die Dortmunder Rechte ist immer bereit, etwas auszuprobieren. Die sind sehr flexibel, haben einerseits eine starke Bindung mit der Fußballszene, andererseits aber kein Problem Bündnisse mit anderen Gruppen einzugehen und neue Aktionsformen auszuprobieren.

In den letzten Jahren hat sich die Aufmerksamkeit von Hooligans auf die Ultras in der Fußball-Fanszene verlagert. Zuletzt wurde in den bürgerlichen Medien fast freundlich über diese berichtet. Gibt es da auch einen Zusammenhang?

PG: Ja. Man kann das auch als Rebellion gegen die teilweise erwachsengewordene und, aus der Sicht der HoGeSa, verbürgerlichte Ultra-Kultur lesen. Einige Ultra-Gruppen wollen zudem nichts mehr von Politik hören und spielen auch die "unpolitische Karte". Damit erleichtert man es Gruppen wie den HoGeSa, Einfluss zurück zu gewinnen.

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