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Wir haben die Schulz-Interviews auf ZDF und RTL geschaut, damit Ihr es nicht tun müsst

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Martin Schulz will Kanzler werden. Auf RTL und ZDF hat er erklärt, was er besser machen will. Weil das nicht wirklich spannend war, hier das Wichtigste.

Gleich zwei Mal durfte Martin Schulz gestern im Fernsehen über seine Ideen für Deutschland reden. Um 19.10 Uhr im ZDF, ab 22.20 Uhr bei RTL. Wir haben uns beide Gespräche in voller Länge angesehen und fassen hier für euch die vier wichtigsten Themen zusammen.

Innere Sicherheit: Mehr Ordnungsamt statt Polizei

Martin Schulz findet: wir brauchen keine härteren Strafen, das richtige Strafmaß ist da. "Aber wir brauchen Verhängung von Strafen."

"Wir leben in einer Gesellschaft, in der Gewalt verharmlost wird." – Martin Schulz

Was Deutschland ebenfalls nicht mehr braucht: Polizisten. Aber ob die sich um jeden Blechschaden kümmern müssen? Nö, sagt Martin Schulz. Für mehr Polizeipräsenz will er die Polizei entlasten. Zum Beispiel, indem sich das Ordnungsamt um mehr Dinge kümmern soll.

Was Gewalttäter betrifft, gab sich Martin Schulz erkennbar Mühe, an Kontur und Profil zu gewinnen. "Ich war lange Jahre der Bürgermeister einer kleinen Stadt. Ich weiß, wie es ist, wenn Stadtviertel verkommen", antwortete er einer Frau, die der Meinung war, ihre Straße (sie nannte sie die "arabische Meile") sei zu einer No-Go-Area verkommen. Bei der Frage, wie er das lösen will, konnte man für einen Moment vergessen, welches Parteibuch Martin Schulz eigentlich hat:

Flüchtlinge und Migration

Schulz forderte ein europäisches Einreisegesetz. Chaos und Unklarheiten in der Flüchtlingsfrage gingen allein darauf zurück, dass es ein solches, gemeinsames Gesetz nicht gibt. Warum es das nicht gibt, das ist für Schulz klar: die anderen Länder würden sich hinter Deutschland verstecken.

Bei den Asylverfahren sieht Martin Schulz das Hauptproblem im Föderalismus. Einem aus Afghanistan geflohenen Schüler, der sich von der Abschiebung bedroht sieht, antwortete er sinngemäß: "Sie haben nun einmal das Pech, in Bayern zu wohnen."

Gegen diese ungleiche Behandlung will Schulz vorgehen, obwohl oder genau weil sie Ländersache ist: "Politisch muss ein Bundeskanzler hier die Verantwortung dafür übernehmen." Was er damit meint: im Amt will er die Initiative ergreifen, alle Ministerpräsidenten an einen Tisch zu holen – um Dinge wie Abschiebungen, Asylfragen oder das Gehalt von Polizisten bundesweit mehr anzugleichen.

Auch mit der Flüchtlingsunterbringung ist der SPD-Chef nicht immer glücklich. "Die müssen arbeiten können. Es kann nicht sein, dass wir die zusammenpferchen und die dann durchdrehen." Ausdrücklich lobte Schulz die Arbeit der Flüchtlingshelfer. Die machten eine Arbeit, die eigentlich der Staat tun müsste. "Da stellt sich jemand hin, sagt: 'Wir schaffen das!' – und dann schaffen das andere. Das wird mit mir anders. Ganz klar", sagte Martin Schulz.

Trump, Nordkorea und die Außenpolitik

Ein Zuschauer wollte von Martin Schulz wissen, ob man angesichts des Konflikts zwischen den USA und Nordkorea Angst vor einem Atomkrieg haben müsse. Nein, meinte der SPD-Kandidat, ergänzte aber auch: "Politiker, die sagen, sie hätten keine Angst, haben einen Knall." Die Gefahr sei real – im ZDF griff Schulz darum auch den US-Präsidenten scharf an. "Ich würde niemals eine solche Krise, wie dieser verantwortungslose Mann da im weißen Haus sie produziert, für den Wahlkampf nutzen."

Martin Schulz' Strategie, um mit diesen Spannungen umzugehen: auf andere setzen. Dass ein US-Präsident sich auf das Niveau eines nordkoreanischen Diktators herablasse, das bereite ihm schon Sorgen. Man müsse darum ganz genau hinschauen, wen "wir vorm Durchdrehen" bewahren müssen: und neben Trump und Kim Jong-Un nannte Schulz hier auch China.

Soziales: Wohnen, Pflege und Rente

Was den sozialen Bereich betrifft, stritt Schulz eines nicht ab: dass viele der Baustellen aus den vergangenen Jahren auch unter SPD-Verantwortung entstanden sind.

„Wir wollen bei der Rente eingreifen. Wenn wir da nicht eingreifen, sinkt die Rente massiv ab und die Beiträge steigen.“

Er will sich darum für mehr geförderten Wohnungsbau einsetzen. Eine "Mietpreisbremse Nummer 2" zum Beispiel habe er ja schon versucht, einzuführen – nachts im Gespräch mit Angela Merkel. Nur ohne Erfolg: "Das kriege ich in meiner eigenen Partei nicht durch", soll die Kanzlerin laut Schulz geantwortet haben.

Auch die Altersvorsorge bereitet dem SPD-Chef Sorgen. Eine Rente, die zehn Prozent über der Grundsicherung liegt, wäre eine gute Idee, findet er. Hohe Löhne, weniger Teilzeit, weniger befristete Arbeitsverträge, so die Wunschliste, um Altersarmut zu verhindern – doch wie all das entstehen soll, erklärte Schulz nicht.

Immerhin: woher das Geld für mehr und bessere Pflege kommen soll, konnte Martin Schulz schon beantworten. Von überall her: aus dem Bundeshaushalt, aus den Länderhaushalten und aus der Pflegeversicherung.

Im ZDF war von Schulz dann noch zu hören, dass die Vermögenssteuer kommen soll. Dass Kinderbetreuung kostenlos möglich sein müsse. Dass Autos mit Euro3- und Euro4 von den Straßen verschwinden müssten – "mit einer Umtauschprämie, die den Namen auch verdient". Und dass der große wirtschaftliche Erfolg Deutschlands ja in weiten Teilen SPD-Verdienst sei.

Das kann man so sehen, muss man nicht. Was ziemlich eindeutig war: dass dieser Politik-Fernsehabend alles andere als spannend, abwechslungsreich oder unterhaltsam war. Sogar die "witzigsten Tweets des Abends" sind es irgendwie nur so halb. Man kann wirklich nur hoffen, dass der Wahlkampf noch besser wird. So richtig gut stehen die Chancen dafür aber scheinbar nicht.

Wer jetzt doch Lust bekommen hat: das Interview mit Martin Schulz im ZDF gibt es hier, die Townhall-Diskussion von RTL ist hier online.

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