G20: So viele Demonstranten wurden in Hamburg verletzt

    Nach den schweren G20-Ausschreitungen in Hamburg ist weiterhin unklar, wie viele Demonstranten dabei verletzt wurden. Wir haben versucht, einige Zahlen zu finden.

    Mehrere Hundert Polizisten wurden bei G20 verletzt – wie viele genau und mit welcher Ursache, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Weiterhin unklar ist allerdings, wie viele Demonstranten und Aktivisten bei den Ausschreitungen und Zusammenstößen mit der Polizei verletzt wurden.

    Beim "Ermittlungsausschuss Hamburg" liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. "Es waren viele, es gab auch schwer Verletzte, aber Zahlen haben wir leider nicht", so eine Sprecherin des Ermittlungsausschusses, ein freiwillig arbeitendes Team aus Juristen, dass Demos und Kundgebungen betreut und auch den G20 beobachtet hat.

    BuzzFeed News hat das Universitätsklinikum Eppendorf, die Asklepios Kliniken in Altona und St. Georg, das Agaplesion Diakonie Klinikum, das Katholische Marienkrankenhaus und das Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg gebeten, das Aufkommen in der Notaufnahme während des Demonstrationsgeschehens zu schildern.

    • Aus dem Universitätsklinikum Eppendorf heißt es: "Im UKE ist es ruhig geblieben an den Gipfeltagen. Insgesamt kamen in unsere Notaufnahme nicht mehr Patienten als an anderen Tagen."
    • Die Asklepios Kliniken in Altona und St. Georg haben in dieser Zeit 100 Notfallpatienten versorgt – zusammen. "Die Patienten waren weit überwiegend leicht verletzt (z.B. Prellungen, Atembeschwerden, Augenreizungen, Platzwunden) und der überwiegende Teil kam als Selbsteinlieferung zu Fuß oder wurde mit dem Auto gebracht", so der Kliniksprecher. "In Summe war die Anzahl an Notfallpatienten aus dem viertägigen Demonstrationsgeschehen überschaubar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Pflegekräfte und Ärzte in unseren Notaufnahmen an typischen Tagen ohne Demonstrationsgeschehen täglich routiniert weit mehr als 100 Patienten versorgen, von der Schnittwunde bis zum Polytrauma."
    • Im Agaplesion Diakonie Klinikum wurden 205 Demo-Teilnehmer behandelt: 51 am Freitag, 70 am Sonnabend (davon 64 schon bis 8 Uhr) und 84 am Sonntag.
    • Und das Bundeswehrkrankenhaus Hamburg hatte 430 Fälle in der Notaufnahme – also im Schnitt 100 Patienten pro Tag. Das sei rund 25% mehr als üblich. Aber: "Eine Zuordnung in Bezug auf den Kontext G20 ist durch unser Haus leider nicht möglich."

    Demzufolge dürfte es wohl einige hundert verletzte Demonstranten und Aktivisten gegeben haben, von einer ungewöhnlich hohen Anzahl an Verletzten oder gar Schwerverletzten wird man aber wohl nicht ausgehen können.

    Sowohl die Polizei als auch die Stadt Hamburg haben keine Zahlen erfasst.

    UPDATE: Mit diesen Verletzten-Zahlen rechnet der Hamburger Senat

    Seit dem 18. August liegen nun auch Zahlen des Hamburger Senats zur Frage vor, wie viele Demonstrierende beim G20-Gipfel wohl verletzt worden. Sie entstammen der Antwort auf eine "Kleine Anfrage" der Linken-Abgeordneten Christian Schneider.

    Demnach haben die Hamburger Notfallkrankenhäuser und die Kassenärztliche Vereinigung folgende Verletztenzahlen übermittelt:

    Kassenärztliche Notfallpraxis Altona: 38 Verletzte

    Krankenhäuser: rund 270 Verletzte

    Lediglich 40-50 Verletzte seien mit dem Rettungswagen eingeliefert worden, der Rest habe die Krankenhäuser selbstständig aufgesucht.

    Zur Schwere der Verletzungen schreibt der Hamburger Senat: "Es handelte sich überwiegend um leichte Verletzungen wie Prellungen, Atembeschwerden, Augenreizungen, Platzwunden, Schnittverletzungen und oberflächliche Verbrennungen. Von den rd. 270 Personen wurden rd. 20 stationär im Krankenhaus aufgenommen. Alle anderen Personen haben nach einer ambulanten Behandlung die Krankenhäuser wieder verlassen können."

    Vorfälle des Typs "Massenanfall von Verletzten" nennt der Hamburger Senat lediglich zwei - beide am Freitag, den 7. Juli. Um 06:35 Uhr gab es demnach an der Adresse "Rondenberg 25" 14 Verletze "Verletzte beim Besteigen/Überwinden einer Mauer / eines Geländers, Verletzungsmuster waren Frakturen, Prellungen, Abschürfungen". Am gleichen Tag um 17:16 Uhr wurden an den Landungsbrücken 15 Verletzte unter dem Stichwort "Erschöpfung bei Polizei-Beamten" erfasst.

    Allerdings weist die Behörde darauf hin, dass die Zahlen nicht als endgültig angesehen werden können: "Die Feuerwehr unterscheidet grundsätzlich nicht zwischen Demonstrierenden und anderen Personengruppen. (...) Darüber hinaus sind sogenannte „Demonstrationstypische Verletzungen“ nicht definiert, eine valide Zuordnung von Verletzungsarten zu bestimmten Ereignissen ist daher nicht möglich."

    Was die Suche nach genaueren Zahlen ebenfalls schwierig macht: viele Verletzte wurden vor Ort von ehrenamtlichen Demo-Sanitätern behandelt. Die "Riot Medics" führen allerdings keine Statistik und wollten sich auch auf Anfrage von BuzzFeed News nicht zu eventuellen Zahlen äußern. Sie befürchten, dass derlei Angaben gegen Aktivisten und gegen die Gruppe selbst verwendet werden könnte.

    Die Antwort des Hamburger Senats zu den verletzten Demonstrierenden im Original