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G20: Was sich gestern in Hamburg abspielte, ist peinlich - und gefährlich

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Gerichte haben entschieden: Das Protestcamp in Entenwerder darf aufgebaut werden. Die Hamburger Polizei sah das anders.

Die Lage war eigentlich klar: das Protestcamp in Entenwerder darf aufgebaut werden. So zumindest die gerichtliche Entscheidung. Doch als die G20-Demonstranten gestern am Elbpark ankamen, war die Überraschung groß: die Polizei ließ sie das lange geplantes Protestcamp gar nicht erst aufs Gelände.

Zunächst hielt die Hamburger Polizei die Demonstranten stundenlang davon ab, das von den Gerichten freigegebene Gelände zu betreten. Als diese schließlich doch auf das Gelände durften, dauerte es nicht lange, bis die Polizei das Camp wieder räumte.

Elf Zelte beschlagnahmte die Polizei am Ende des Tages. Der Grund: Demonstrieren sei erlaubt - Übernachten aber nicht.

Für den G20-Gipfel in Hamburg arbeiten Aktivisten seit Wochen daran, ein Protestcamp aufzubauen. Angemeldet wurde das Camp bei der Versammlungsbehörde schon im Frühjahr. Doch weil während des Gipfels in Hamburg eine 38 Quadratkilometer große Verbotszone gilt, in der keinerlei Versammlungen erlaubt sind, wurde es zunächst nicht erlaubt.

Nach einigem Hin und Her erklärten sich die Veranstalter bereit, ihr Camp außerhalb dieser Verbotszone aufzuschlagen: im Elbpark Entenwerder, etliche Kilometer von der Innenstadt entfernt.

Dennoch erließ die Versammlungsbehörde keinen Bescheid für das Camp. Und ohne eine solchen kann die Versammlung nicht beginnen. Die Veranstalter mussten den Bescheid gerichtlich erzwingen. Das Bundesverfassungsgericht und noch Samstagnacht auch das Hamburger Verwaltungsgericht hatten klar gemacht: das Camp gilt als Veranstaltung – auch, falls dort Menschen übernachten sollten.

Die Hamburger Polizei aber wollte sich diesem Urteil aber nicht ohne Weiteres beugen - und verhinderte den Aufbau des Camps. "Wir gehen davon aus, dass ein zentrales Übernachtungscamp (...) auch von militanten Autonomen genutzt werden würde. Wir werden keinen Rückzugsort für Straftäter erlauben", sagte Timo Zill, Sprecher der Hamburger Polizei, der Hamburger Morgenpost.

Nachdem die Behörde einen erneuten Antrag bei Gericht eingereicht hatte, und der diesmal auch nachvollziehbar begründet wurde, stimmte das Verwaltungsgericht am Montagmorgen zu - und hat die Auflagen bestätigt.

Eine kurze Chronik des G20-Protestcamp-Sonntags

Sonntag Mittag. Obwohl gerichtlich bestätigt, kommen die Teilnehmer nicht auf das Gelände des Elbparks Entenwerder.

Schnell macht die Information vor Ort die Runde: der Hamburger Einsatzleiter Hartmut Dudde persönlich habe entschieden: das Gelände bleibt gesperrt.

Die Stimmung schaukelt sich langsam hoch. Die Fragezeichen werden größer. Auf Twitter kündigt die Hamburger Polizei für den Mittag eine Stellungnahme an.

Der Nachmittag vergeht, der Abend auch: die Teilnehmer beginnen vor dem geplanten Areal mit dem Aufbau von Zelten. Hatte die Veranstalter des Camps bis dahin noch keinerlei Begründung für das Vorgehen erreicht, so erhalten sie jetzt wenigstens mündlich eine.

Um kurz nach 20 Uhr dürfen plötzlich die ersten Teilnehmer auf das Gelände.

Doch schnell wird klar: ohne Konflikt wird das nicht enden. Die Polizei beharrt darauf, dass niemand vor Ort schlafen dürfe. Baut jemand Zelte zum Schlafen auf, würden diese entfernt.

Um 20:38 Uhr twittert die Polizei dann die für Mittag angekündigte besagte Stellungnahme. "Das Aufstellen von nicht versammlungsimmanenter Infrastruktur wie Schlafzelten kann dort aus Sicherheitsgründen allerdings nicht geduldet werden", schreibt die Polizei.

Zwei Stunden später: die Polizei macht ernst – und räumt mit Pfefferspray und mehreren Hundertschaften ein paar wenige Zelte weg.

Hier ein Video der Räumung.

Anwesende berichten, dass es nach der Räumung auch Verletzte gegeben haben soll.

Maximal zehn Zelte, die der öffentlichen Information dienen, will die Polizei erlauben – alle anderen Zelte werden beschlagnahmt und entfernt.

Um 23.19 Uhr ist der Polizeieinsatz beendet. "Insgesamt wurden 11 Zelte sichergestellt. Beim Verlassen des Geländes wurden die eingesetzten Beamten mit Farbe gefüllten Luftballons beworfen", schreibt die Polizei in einer Pressemitteilung. Außerdem seien vor einigen Einsatzfahrzeugen Schrauben gefunden worden.

Am Ende haben dann doch einige Dutzend Menschen vor Ort übernachtet - unter Duldung der Polizei.

Am Montagvormittag bestätigte das Verwaltungsgericht Hamburg die Auflagen der Polizei. Die Demonstranten haben nun erneut die Möglichkeit, diese Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht und den Bundesverfassungsgericht anzufechten.

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