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Experten und Opposition kritisieren den neuen Gesetzesentwurf zum Dritten Geschlecht

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Nach Informationen von BuzzFeed News plant das Innenministerium eine Minimallösung.

Am Dienstag veröffentliche BuzzFeed News Informationen über den Gesetzentwurf zum Dritten Geschlecht, welcher derzeit vom Innenministerium geplant wird. Dabei handelt sich um eine Minimallösung. Das Gesetz will intersexuelle Personen im Personalausweis zukünftig als „anderes“ bezeichnen – statt als „inter“ oder „divers“, wie es Fachverbände gefordert hatten. Zudem soll es kein Operationsverbot an intergeschlechtlichen Kindern geben. Dies hatte zuletzt Justizministerin Katarina Barley immer wieder gefordert.

Nun hat sich die Bundestagsfraktion der Grünen eingeschaltet. Der Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann reagierte mit einer Pressemitteilung und schreibt, der Referentenentwurf sei „ein Desaster für die geschlechtliche Selbstbestimmung“. Weiter schreibt der Politiker: „Intersexuelle sind nicht einfach „anders“, sondern haben das Recht auf einen positiven Geschlechtseintrag jenseits von männlich und weiblich, der ihre Diskriminierung nicht noch fortsetzt.“

Die Bundestagsfraktion der Grünen stellte bereits Ende April zu diesem Thema eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung. Eine Antwort liegt bislang nicht vor.

Auch zahlreiche Verbände und Bündnisse kritisierten den Entwurf seit der Veröffentlichung von BuzzFeed News in den sozialen Medien. Ein Kritikpunkt ist etwa, dass in dem Gesetz transgeschlechtliche Personen nicht berücksichtigt werden. Das Bündnis „Dritte Option" schrieb, das Bundesinnenministerium missachte mit dem Entwurf Grundrechte.

Anlass für das Gesetz ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von November 2017: Menschen, die geschlechtlich nicht eindeutig als Mann oder Frau zuzuordnen sind, haben Anspruch auf einen positiven Geschlechtereintrag. Die Entscheidung muss bis Ende des Jahres umgesetzt werden.

Das Bundesfamilienministerium erarbeitete in der Vergangenheit bereits ein umfangreiches Mantelgesetz für die Umsetzung der „Dritten Option“. Bei dem jetzigen Entwurf handelt es sich um eine verwaltungsrechtliche Minimallösung.

Verlangt wird darin unter anderem ein medizinisches Gutachten, um die „Dritte Option“ als Geschlechtseintrag zu nutzen. Medizinische Gutachten werden von vielen Fachverbänden kritisiert, weil damit eine Stigmatisierung von Intersexualität als Krankheit einhergeht. Die Internationale Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM) etwa lehnt pathologisierenden Kategorien wie „Störung“ ab.

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UPDATE

07.06.2018, 10:46

In einem offenen Brief an Horst Seehofer kritisiert der Münchener Verein „VivaTS“ für Inter- und Transpersonen den geplanten Gesetzentwurf. Man sei „verwundert, verblüfft und verärgert über den Gesetzesentwurf“ heißt es darin.

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht hätten Betroffene gehofft, „nach fast 30 Jahren Stillstand endlich eine menschenwürdigere Stellung von inter und trans Menschen vor dem Gesetz zu bekommen.“ Der Verein fordert Seeehofer weiterhin auf, sich auf Gespräche mit Fachverbänden einzulassen.

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