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Wenn der Rechtsausschuss morgen ja sagt, könnte die Ehe für alle diese Woche noch kommen

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Angela Merkel lässt CDU/CSU-Abgeordnete nach ihrem Gewissen entscheiden. BuzzFeed News hat alle 38 CDU/CSU-Politiker im Rechtsausschusses angefragt.

Erst die FDP, dann die SPD und jetzt womöglich die CDU: Gestern Abend hat Angela Merkel angedeutet, dass Mitglieder ihrer Partei selbst entscheiden sollen, wie sie morgen im Rechtsausschuss des Bundestages zur Ehe für alle abstimmen.

Im Rechtsausschuss liegen drei Gesetzesentwürfe zur Abstimmung bereit: von den Grünen, den Linken und von den Bundesländern. Sollte der Rechtsausschuss morgen für die Ehe für alle stimmen, könnten die Abgeordneten des Bundestages noch am Donnerstag oder Freitag ein Gesetz verabschieden.

In einem Gespräch am Dienstagabend im Maxim Gorki Theater sagt Merkel zum Thema Ehe für alle. “Deshalb möchte ich gerne die Diskussion mehr in die Situation führen, dass es eher in Richtung einer Gewissensentscheidung geht.”

BuzzFeed News hat alle 38 Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Rechtsausschuss gefragt, wie sie am Mittwoch über die Gesetzesentwürfe zur Ehe für alle abstimmen werden. Die Antworten werden wir hier nachtragen.

Am Dienstagmorgen sagte Martin Schulz in einer Pressekonferenz, er werde dafür sorgen, dass eine Abstimmung über den Gesetzesentwurf stattfindet. Auch die SPD-Bundestagsfraktion äußert sich nun klar für die gleichgeschlechtliche Ehe.

Die Entwürfe von Grünen und Linken sowie des Bundesrates wurden bereits 30 Mal im Rechtsausschuss blockiert, diesen Mittwoch steht eine erneute Abstimmung an. Bisher wurde die Abstimmung immer blockiert, die SPD wollte nicht gegen ihren Koalitionspartner abstimmen. Mit der Äußerung Merkels dürfte sich das nun ändern, die Fraktionsdisziplin könnte entfallen. Rechnerisch haben Linke, Grüne und SPD ohnehin eine Mehrheit für die Ehe für alle im Ausschuss.

Zuvor hatte FDP-Chef Christian Lindner die Ehe für alle zur Koalitionsbedingung gemacht. "Ich werde meiner Partei empfehlen, die Ehe für alle als Koalitionsbedingung für die Bundestagswahl festzuschreiben", sagte Lindner der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.

Auf dem SPD-Parteitag am Wochenende äußerte sich auch Martin Schulz dementsprechend. „Ich werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem die Ehe für alle nicht verankert ist“.

Damit haben alle möglichen Koalitionspartner von CDU/CSU die Ehe für alle zur Bedingung für mögliche Koalitionsverhandlungen in der kommenden Legislatur gemacht. Möglicherweise ist so der überraschende Kurswechsel Angela Merkels zu erklären. 82,6 % der deutschen Bevölkerung sind ohnehin dafür, dass die Ehe für alle in Deutschland gesetzlich verankert wird.

Am Sonntag hatte der innere Kreis der CDU-Führung nach Informationen von Spiegel Online eineinhalb Stunden über die Ehe für alle diskutiert. Auch im Netz werden nun große Hoffnungen auf die Abstimmung am morgigen Mittwoch gesetzt.

In der SPD war der Unmut über die verschleppte Abstimmung zur Ehe für alle in den vergangenen Monaten gestiegen. Zuletzt hatte die SPDqueer, die Arbeitsgemeinschaft für der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung, einen Brief an Bundestags- und Landtagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein geschrieben, darunter den stellvertretenden Parteivorsitzenden Ralf Stegner.

“Nicht selten wurden wir als Vertreter der SPD auf den Veranstaltungen rund um die CSD’s in Schleswig-Holstein belächelt, bepöbelt und auch beschimpft”, schreibt die SPDqueer. Massiv enttäuscht seien die Community und auch die Arbeitsgemeinschaft, dass die SPD im Bundestag seit 2013 die Anträge von Grünen und Linken zur Eheöffnung nicht unterstützt. Obwohl die Anträge teilweise wortgleich mit denen seien, welche die SPD vor 2013 in der Opposition eingebracht habe. “Dieses Verhalten können wir vielleicht politisch verstehen, aber wir können es niemandem unserer potentiellen Wähler erklären.”

Der Brief der AG SPD

Die Resonanz auf den Brief: Nur eine einzige der 37 angeschriebenen Politikerinnen und Politiker meldete sich. Alle anderen, darunter Ralf Stegner, ließen den Aufruf der SPDqueer unbeantwortet. Niederschmetternd nannte das der Vorsitzende der SPDqueer, Maik Grill, in einer E-Mail an BuzzFeed News. “Ist denen die AG und ihre Arbeit wirklich so egal? Nimmt man uns überhaupt ernst? Von großer Unterstützung und Wertschätzung unserer ehrenamtlichen Tätigkeit zeugt dieses Verhalten jedenfalls nicht.”

Durch die neuesten Entwicklungen hat auch die SPDqueer wieder Hoffnung geschöpft. “Ich hoffe, dass wir das diese Woche umgesetzt bekommen, sonst wird es peinlich, ja sogar lächerlich”, sagt René Reincke, stellvertretender Landesvorsitzender der SPDqueer in Schleswig-Holstein im Gespräch mit BuzzFeed News. “Auch wenn es jetzt wieder heißt: Merkel hat es gemacht. Und wir uns als SPDqueer da eigentlich jahrelang für abgekämpft haben.”

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