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Europa ist besorgt, dass Trump nach dem G20-Gipfel die Spannungen weiter anheizt

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Nach seinem letzten Besuch in Europa zog sich Trump aus dem Pariser Klimaabkommen zurück. Manche fürchten, er plane ähnliches nach dem G20-Treffen.

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BuzzFeed.de © Saul Loeb / AFP / Getty Images

Im Vorfeld zum G20-Gipfel in Hamburg dieses Wochenende ist nun auch US-Präsident Donald Trump in Europa gelandet. Doch europäische Vertreter, die an einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs für das Treffen arbeiten, berichten BuzzFeed News, dass es mit den USA noch große Meinungsverschiedenheiten in punkto Handel, Einwanderung und Klimamaßnahmen gibt.

Knapp zwei Tage vor dem Treffen der globalen Führungsriege fürchten die Europäer, dass Trump Maßnahmen ankündigen wird, die europäische Exporteure treffen und die angespannten US-EU-Handelsbeziehungen noch weiter belasten könnten. Ähnlich, wie er das auch nach dem G7-Treffen im Mai tat, als er den Rückzug vom Pariser Klimaabkommen verkündet hatte.

“Wenn sie während des G20 eine Entscheidung treffen würden, wäre das außerordentlich. Sie werden wahrscheinlich bis nach dem Gipfel warten, wie das auch mit Paris nach Taormina der Fall war”, sagte ein Diplomat zu BuzzFeed News.

Europäische Verhandler behaupten, US-Vertreter hätten sich von Handelspositionen abgewendet, auf die sich die Regierungen während des G7-Gipfels im sizilianischen Taormina geeinigt hatten. Die USA versuchen angeblich den Wortlaut von Formulierungen zu ändern, die sich auf auf den Kampf gegen Protektionismus beziehen. Und sie widersetzen sich angeblich lange vertretenen Positionen und auch grundlegenden, weltweiten Prinzipien, wie zum Beispiel dem geregelten multilateralen Handelssystem.

Schon seit Monaten droht der US-Präsident, Maßnahmen gegen, wie er findet, unfaire Handelspraktiken zu ergreifen – oft auf Twitter, wo er gegen “Stahl- und Aluminium-Dumping” durch China und Deutschlands “massiven” Handelsüberschuss gewettert hat. Am Mittwoch sagte er, die “Vereinigten Staaten haben ein paar der schlechtesten Handelsabkommen in der Geschichte abgeschlossen.”

Die Trump-Administration spielt mit der Idee, zusätzliche Zölle auf bestimmte Importe zu erheben. Der Präsident hat bereits eine Untersuchung der Auswirkungen von Importen wie Aluminium auf die US-Sicherheit eingeleitet, deren Ergebnisse demnächst erwartet werden.

Berichte der Nachrichtenseite Axios von letzter Woche behaupten, der US-Präsident habe weiterhin vor, Zölle für China und andere Stahl-Exporteure zu erheben, trotz Widerstands von fast seinem gesamten Kabinett. Diese angeblichen Differenzen des Kabinetts verstärken den Eindruck mehrerer europäischer Vertreter, dass es in der Trump-Administration signifikante ideologische Unterschiede zwischen den “Globalisten” und den “Nationalisten” gibt.

Bisher ist der Streit zwischen den USA und Europa nicht über hitzige Rhetorik und ein paar Streitereien über bestimmte Worte in offiziellen Erklärungen hinausgegangen.Trotz der wachsenden Anspannung und Frustration unter den europäischen Regierungen. Doch europäische Vertreter fürchten nun, dass aus Trumps Rhetorik Handeln werden könnte.

Das wäre die erste spürbare Folge von Trumps “America First”-Ansatz in Bezug auf Handel.

Europäische Vertreter sind besorgt, dass sie ins Kreuzfeuer eines Handelskrieges zwischen den USA und China geraten. Oder dass flächendeckende Maßnahmen von Trump sowohl europäischen Exporten, als auch jenen von G20-Partnern wie Japan, Kanada und Mexiko schaden könnten.

Die EU hat für diesen Fall bereits rechtliche Konsequenzen angekündigt. Außerdem werden weitere Maßnahmen vorbereitet, sollten die USA die europäischen Exporte einschränken.

Die möglichen neuen Zölle Trumps sind "der erste große Test, um zu verstehen, was Trumps Worte in der Praxis bedeuten. Es könnte EU-Firmen treffen. Und die EU würde reagieren”, so ein zweiter Vertreter.

Trump im Gespräch mit dem italienischen Premierminister Paolo Gentiloni beim Shooting des G7-Gruppenfotos in Taormina
Trump im Gespräch mit dem italienischen Premierminister Paolo Gentiloni beim Shooting des G7-Gruppenfotos in Taormina © Jonathan Ernst / AFP / Getty Images

Dass die USA sich nun von Kompromissen beim Thema Handel wegbewegen, denen Trump in Taormina zugestimmt hatte, ist nicht überraschend. Bei einem Treffen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris letzten Monat, fuhren die USA einen ähnlichen Kurs – zur Frustration der anderen teilnehmenden Regierungen.

NIchtsdestotrotz, sagt einer der europäischen Diplomaten, hoffe er, dass dies nur eine Taktik der USA sei. Und Trump letzten Endes doch einem ähnlichen Wortlaut zustimmt, wie beim G7-Gipfel in Sizilien beschlossen. So würden weitere Diskussionen darüber vermieden. Der Diplomat ist an den Verhandlungen zur G20-Position seiner Regierung beteiligt.

Trotzdem würde so ein Ergebnis wahrscheinlich mehrere Regierungen unzufrieden zurücklassen, weil diese der Meinung sind, die USA ziehen sich vom weltweit festgelegtem Konsens zurück.

Handel ist nicht der einzige Punkt, der für Unfrieden sorgt. Bemühungen in Hamburg in Sachen Klima einen Kompromiss zu finden, werden durch US-Präsident Trumps Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen erschwert. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das Gipfeltreffen ausrichtet, steht nun vor der schwierigen Entscheidung, entweder die USA zu isolieren oder einen Kompromiss zu finden.

Den Abgeordneten im Bundestag sagte die Kanzlerin letzte Woche, sie erwarte “keine einfachen Gespräche” und gab zu, “der Dissens ist offenkundig”. Gleichzeitig betonte Merkel, dass die Europäische Union “entschlossener denn je” sei, dem Pariser Abkommen zum Erfolg zu verhelfen. “Und wir können und werden nicht darauf warten, bis auch der Letzte auf der Welt von den wissenschaftlichen Erkenntnissen in Bezug auf den Klimawandel überzeugt werden konnte”, so Merkel.

Außerdem gibt es Differenzen beim Thema Einwanderung. Der G20-Gipfel findet statt, während die italienische Regierung eine Flut an neuen Bootslandungen von der anderen Seite des Mittelmeers stemmt. Italien erwägt auch, seine Häfen dicht zu machen, sollten andere EU-Staaten keine Entlastung zusichern, indem sie Menschen in ihren eigenen Häfen in Empfang nehmen.

Die EU hat diese Woche finanzielle Hilfen und Maßnahmen zugesichert, die mit der Zeit den Ansturm neuer Ankömmlinge regulieren soll, doch gab sie Italiens größter Forderung nicht nach: dass andere Staaten mit sofortiger Wirkung ihre Häfen öffnen, um Italien zu entlasten.

Vor diesem Hintergrund fürchten Vertreter, dass Trumps kontroverse Ansichten zum Thema Einwanderung die Diskussionen über Flüchtlinge noch schwieriger gestalten könnten.

Auf der einen Seite setzen sich die USA und andere Regierungen, inklusive Großbritannien, für einen harten Kurs bei Punkten wie Migration und Grenzkontrollen ein, der sich in der finalen G20-Erklärung widerspiegeln soll. Auf der anderen, plädiert Italien für eine klare Abgrenzung zwischen Not- und längerfristigen Maßnahmen und, in Bezug auf ersteres, für eine weniger strenge Trennung zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und politischen Flüchtlingen.

"Diese Unterscheidung ist nicht zu treffen, wenn Menschen auf See gerettet werden. Wir müssen alle beschützen, die in Gefahr schweben. Erst danach kann man prüfen, wer das Recht auf Asyl hat, den Flüchtlingsstatus erfüllt und so weiter", so ein Diplomat gegenüber BuzzFeed News.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Englisch.

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